Hamburg. Schauspieler Peter Lohmeyer über seine Rolle im „Tatort“, seine Begegnung mit Hannelore Elsner und Fußball-Geisterspiele

Der „Tatort: Die Guten und die Bösen“ aus Hessen hat am Sonntag einen stark hanseatischen Einschlag, denn der Hamburger Peter Lohmeyer spielt die Episoden-Hauptrolle als Polizeihauptmeister Matzerath. Gleich zu Beginn kommt er zu seinen schwer verkaterten Kollegen Anna Janneke (Margerita Broich) und Paul Brix (Wolfram Koch) und führt sie zu einem Toten, der in einer Hütte nackt und gefesselt auf einem Stuhl sitzt.

Matzerath behauptet, den Mann gefoltert und getötet zu haben, weil der seine Frau entführt und vergewaltigt hatte. Die Ermittlungen in diesem Fall von kollegialer Selbstjustiz stellen die beiden Kommissare vor große Herausforderungen und Fragen über das Selbstverständnis von Polizei und Verbrecherbestrafung. Das Abendblatt hat mit ihm gesprochen.

Hamburger Abendblatt: Der „Tatort“ heißt „Die Guten und die Bösen“. Das ist schön plakativ, aber kann man das denn immer so genau unterscheiden?

Peter Lohmeyer: Wäre schön, aber wir haben ja alle irgendwie das Böse in uns. Und natürlich auch das Gute. Obwohl einem gleich ein paar Leute in der Weltgeschichte einfallen, bei denen man nichts Gutes findet. Also ich kann schon manchmal richtig böse sein.

Sie spielen den Polizeihauptmeister Matzerath. Was ist das für ein Mensch?

Peter Lohmeyer: Er ist einer von diesen pflichtbewussten Menschen, für die die Leute momentan Applaus klatschen. Er war mit sich im Reinen, bis vor sieben Jahren seine Frau entführt und brutal vergewaltigt wurde. Er hat sie sehr geliebt und war glücklich mit ihr. Die Tat hat die Partnerschaft und sein Leben zerstört und ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Menschen können mit vielem umgehen, der Corona-problematik zum Beispiel. Aber das geht nur, solange wir im Gleichgewicht sind. Er schafft das nur, indem er den Entführer hinrichtet, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Er will wieder in die richtige Spur kommen, aber er fährt in die falsche Richtung.

„Tatort“-Szene: Peter Lohmeyer als Polizist Matzerath  (r.) und Wolfram Koch als Kommissar Brix.
„Tatort“-Szene: Peter Lohmeyer als Polizist Matzerath (r.) und Wolfram Koch als Kommissar Brix. © HR/DEGETO | HR/Degeto

Wie gefährlich ist dieser Mann?

Peter Lohmeyer: Er würde so etwas nie wieder tun. Die Kollegen wissen das und gehen ja auch mit ihm in die Kantine. Man kann sich fragen, wie es nach dem Film eigentlich weitergeht. Wie lange sperrt man so jemanden weg? Hat er genug gesühnt, ist das jetzt gerecht? Eine schwierige Entscheidung. Es macht den Film so großartig, dass er so zweischneidig ist. Weder Regisseurin Petra K. Wagner noch Drehbuchautor David Ungureit haben vorher einen „Tatort“ gemacht. Mein erster und bislang letzter war vor 27 Jahren mit Manfred Krug.

Im Film wird die Frage gestellt, ob die Polizei ihr Wertesystem überprüfen muss. Muss sie das – im wahren Leben?

Peter Lohmeyer: Ja, denn das ist ein schwieriger Betrieb. Ich habe gerade einen Strafzettel bekommen, weil ich mit meinem Auto die Parkzeit um zehn Minuten überschritten hatte. Da frage ich mich natürlich: Worum muss man sich jetzt gerade kümmern? Andererseits haben mir zwei Polizisten gerade erst meine Scheckkarte und Ausweise nach Hause gebracht, die ich im Biomarkt vergessen hatte. Total nett! Nur ist es doch so, dass, wenn wir einen Polizisten in Uniform sehen, gleich denken: Jetzt haben wir was falsch gemacht. Schön wär’s, wenn wir die Möglichkeit hätten, uns mehr über unsere Werte auszutauschen, vielleicht ist das jetzt gerade die Zeit dafür, ein Schwätzchen auf zwei Meter Abstand. Bringt auf jeden Fall mehr als ein Strafzettel, kostet dann auch nichts.

Der Film zeigt Hannelore Elsner in einer ihrer letzten Rollen. Haben Sie vorher schon einmal mit ihr zusammengearbeitet?

Peter Lohmeyer: Es war das erste Mal. Ich habe mich wahnsinnig darüber gefreut und wusste vorher, dass sie nicht unanstrengend, aber einzigartig ist. Es war ein großes Vergnügen, und ich bin froh, dass ich das erlebt habe. Sie war sehr gut vorbereitet und gut drauf. Wie viele war ich sehr traurig, als ich von ihrem Tod erfahren habe. Man sagt uns Schauspielern ja nach, dass wir am liebsten auf der Bühne sterben würden. Das hat sie fast geschafft.

Sie gelten als eingefleischter Fan von Schalke 04. Wie kommen Sie aktuell mit einem Leben ohne Fußball klar?

Peter Lohmeyer: Das ist echt schwierig. Ich muss das irgendwie kompensieren, male zwar, aber keine Fußbälle. Spiele ohne Zuschauer will ich nicht sehen. Trotzdem sollte man jetzt mal das ganze System mit den Spielerverkäufen und den Höchstgagen überprüfen. Es kann ja nicht sein, dass immer nur Bayern München Deutscher Meister wird. Der gesamte internationale Sport sollte durchleuchtet werden, sonst hätten wir von der Krise gar nichts gehabt. Es muss endlich mal alles aufgedeckt und anders darüber geredet werden. Die Stadien sollen ruhig noch geschlossen bleiben. Ich spiele aber auch selbst. Wenn ich das wieder machen kann, bin ich auch womöglich wieder in meinem Gleichgewicht – wie Matzerath.

Was machen Sie eigentlich gerade, Herr Lohmeyer?

Peter Lohmeyer: Ich bin in meiner Galerie und male.

Ist das schon lange Ihr Hobby?

Peter Lohmeyer: Ein paar Jahre. Ich habe das bisher nicht an die große Glocke gehängt. Es macht mir wahnsinnig Spaß, und ab und zu mache ich mal eine Ausstellung.

Tatort Sonntag, 20.15 Uhr, ARD