Berlin/Hamburg. Erinnerung an goldene Zeiten: Berlinale-Chef Carlo Chatrian sprach mit dem Hamburger Regisseur über sein Meisterwerk.

Bevor morgen die Berlinale eröffnet wird, gab es am Montag im Zoo-Palast in Berlin schon mal einen Vorgeschmack, sozusagen einen Gruß aus der Küche. Das neue Führungsduo Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek hatte zusammen mit der Deutschen Filmakademie zur „Die Lola und der Bär“-Veranstaltung geladen.

Fatih Akin, der 2004 mit „Gegen die Wand“ beide Preise gewinnen konnte, darunter sogar fünf Lolas, diskutierte mit Chatrian über die Hintergründe. Und natürlich wurde auch noch einmal „Gegen die Wand“ gezeigt.

Noch mal gegen die Wand – Erinnerung an goldene Zeiten

Nach Filmende in dem fast ausverkauften Kino gab es lang anhaltenden, intensiven Applaus. Fast keinen Staub hat das Drama um Liebe, Suff und Selbstbestimmung mit Sibel Kekilli und Birol Ünel in den Hauptrollen angesetzt.

Vor Beginn hatte der Präsident der Deutschen Filmakademie, Ulrich Matthes, die Zuschauer daran erinnert, dass die Berlinale vor 70 Jahren mit Alfred Hitchcocks „Rebecca“ eröffnet wurde und der Deutsche Filmpreis an „Das doppelte Lottchen“ ging. Matthes wünschte den Berlinale-Chefs eine „wunderbare, pannenfreie, leuchtende, große Berlinale“.

Chatrian fragte Akin nach der Rolle der Musik in seinem Film, und der Hamburger erklärte, wie wichtig sie ihm gewesen sei. „Ich sprach nicht so gut Türkisch, die Musik war für mich eine Brücke.“ In vielen der Songs gehe es um Liebe und Schmerz, das passe zum Thema.

Sein Drehbuch habe er ursprünglich für Hauptdarsteller Birol Ünel geschrieben, dessen Präsenz ihn bei einem Casting für einen Film von Rolf Schübel enorm beeindruckt hatte: „Er war so wild, so selbstzerstörerisch.“ Später kam dann Sibel Kekilli mit ihrer Energie dazu. „Es gab damals eigentlich keine jungen türkischen Schauspielerinnen, die nackt vor eine Kamera gegangen wären.“

Berlinale-Chef sprach mit Fatih Akin über das preisgekrönte Meisterwerk

Zunächst sei der Film als Komödie im Stil von „Green Card“ gedacht gewesen. „Aber dann kamen die Anschläge vom 11. September, und ich war wütend auf alles“, so der Regisseur und Drehbuchautor. Er konnte auch erklären, warum Birol Ünel beim Treffen mit Sibels Cousine in Istanbul plötzlich Englisch redet. „Er wollte unbedingt einen Monolog. Als ich ihm den geschrieben hatte, schimpfte er, denn sein Türkisch war nicht gut genug. Deshalb spricht Ünel in dieser Szene seine Sätze jetzt auf Englisch.“

Der Ausgangspunkt der Geschichte, war eine unglückliche Liebesgeschichte, die Akin als Teenager selbst erlebt hat. Er mochte das Mädchen sehr, aber die Zuneigung blieb einseitig. „Vielleicht bin ich deshalb Filmemacher geworden“, grübelte er. Beim Schreiben habe er dann an Paul Simons Song „Graceland“ gedacht, der darin davon singt, dass „eine verlorene Liebe wie ein Fenster zu deinem Herzen“ sein kann. Als Vorbild für seine Geschichte nannte Akin die Filme von Hark Bohm, der ebenfalls im Kino war: „Dieser Kerl ist ein junger Filmemacher.“

Palästinensische Schauspielerin meldet sich vor Akin zu Wort

Ein Zuschauer fragte den Regisseur, ob er heute etwas an dem Film ändern würde. Seine Antwort: „Frag mich nicht, sonst werde ich frustriert.“ Einen pein­lichen Moment gab es in der eigentlich charmanten Veranstaltung auch. Eine palästinensische Schauspielerin, die nun in Deutschland lebt, meldete sich zu Wort, um sich vorzustellen und den Namen ihres Agenten zu verkünden. Eine Frage schob sie zwar auch noch nach, aber es klang eher, als wolle sie sich um eine Rolle bewerben.

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Der Nostalgie-Trip für Akin geht schon im kommenden Monat weiter. Am 22. März läuft in Hamburg wieder die Aktion „Eine Stadt sieht einen Film“. In 16 Kinos der Hansestadt wird dann sein Debütfilm „Kurz und schmerzlos“ aus dem Jahr 1998 in einer digital restaurierten Fassung gezeigt. Der Regisseur findet, erst jetzt sei das Drama so richtig fertig geworden.

Einer seiner Hauptdarsteller, Aleksandar Jovanovic, erzählte, er habe gerade seiner 14 Jahre alten Tochter Ausschnitte des Films auf YouTube gezeigt. Sie sei beeindruckt gewesen und habe gestaunt: „Papa, dass du einmal so jung gewesen bist!“