Hamburg. Die Schriftstellerin Melanie Raabe legt mit „Die Wälder“ ihren vierten psychologischen Thriller vor.

Die 1981 in Jena geborene Autorin Melanie Raabe hat ein feines Händchen für psychologisch differenziert erzählte Geschichten, die unter die Haut gehen. Es sind Geschichten, die von Angst und jener alten Schuld berichten, die niemals stirbt, weil sie Teil der Seele geworden ist: Schuld als zweite Natur des Menschen.

Bereits in ihrem 2015 erschienenen Debüt „Die Falle“ gelang Melanie Raabe dieses kleine Kunststück mit ihrer Geschichte um eine zurückgezogen lebende Bestsellerautorin, die sich nach langen Jahren des Zweifels an dem vermeintlichen Mörder ihrer Schwester rächen will. Es folgten die Psychothriller „Die Wahrheit“ (2016) und zwei Jahre später „Der Schatten“.

Raffiniert ersonnene Geschichte um Schuld und Sühne

Kürzlich ist mit „Die Wälder“ nun Melanie Raabes vierter Thriller erschienen, und erneut ist ihr eine raffiniert ersonnene Geschichte um Schuld und Sühne geglückt. Und um den Wert von Freundschaft.

Ein großer Teil der Handlung spielt in einem Dorf im Irgendwo, umgeben ist diese kleine Siedlung von dunklen, geheimnisumwitterten Wäldern. Dort, in dem Dorf, sind Nina und ihre Freunde Tim, David und Henri aufgewachsen, eine nicht nur behütete Kindheit haben sie erlebt, einen bedrohlichen Schatten haben sie mit hinausgenommen in ihr späteres Leben jenseits des Dorfes.

Alles beginnt damit, dass Nina die Nachricht vom Tod ihres besten Freundes Tim, eines mittlerweile erfolgreichen Fotografen, erhält. Kurz zuvor hatte Tim offenbar mehrfach versucht, sie zu erreichen, doch Ninas Handy war ausgeschaltet. Die Nachricht, die sie schließlich erreicht, enthält auch eine Bitte, ja, einen Auftrag: Nina soll die vor vielen Jahren im Wald spurlos verschwundene Schwester Tims finden.

Aus Kinder- und Erwachsenensicht

Und so macht Nina sich auf in jenes Dorf, von dem sie sich geschworen hatte, es niemals wieder zu betreten. Doch nicht nur Nina hat eine Nachricht von Tim bekommen, die alten Freunde haben einen gleichlautenden Brief erhalten. Die Suche der Freunde fokussiert sich auf einen zwielichtigen Mann namens Wolff. Aber das Dorf hat noch so manch anderes dunkles Geheimnis ...

Melanie Raabe erzählt ihre Geschichte auf zwei Ebenen, aus Kinder- und aus Erwachsenensicht, und so nähert sie sich bedächtig jenen Punkten, an denen das Geschehen kulminiert, im Damals und im Heute. Eine Atmosphäre des Unheimlichen lastet wie ein dichter Mantel auf diesem Roman, dramaturgisch geschickt platzierte Cliffhanger erhöhen die Spannung und spielen mit der Erwartungshaltung der Leser, am Ende sind überraschende Volten inklusive.

Melanie Raabe, die auch offizielle Lesebotschafterin der Stiftung Lesen ist, zählt zweifelsohne zu den besten deutschsprachigen Autorinnen im Genre des psychologischen Thrillers.