Eigentlich ist die kleine Elbinsel Neßsand eine Idylle, ein Naturschutzgebiet mit reichem Vogelbestand. Am „Tag der Stadtnatur“ aber ist es erst einmal vorbei mit der heilen Welt. Eine Gruppe von Ausflüglern unter Führung des Inselwarts findet während einer Exkursion einen verwesten menschlichen Schädel. Kurz darauf wird eine weitere Leiche entdeckt. Niemand kann sich anfangs in Regine Seemanns „Elbleichen“ (Gmeiner, 282 S., 12 Euro) einen Reim darauf machen, wie die Menschen zu Tode gekommen sind, geschweige denn, um wen es sich handelt, auch die Kommissarinnen Banu und Stella sind ratlos.

Eine erste Spur führt die Ermittlerinnen ins Blankeneser Treppenviertel, wo es nicht nur anheimelnde Dorfromantik und entsprechenden Wohlstand gibt, sondern auch viele dunkle Winkel, in die besser kein Licht dringt. Die Kommissarinnen fragen sich: Warum sollten auf dem friedlichen Eiland zwei Menschen ermordet werden? Und haben die Bewohner Blankeneses etwas mit den beiden Todesfällen zu schaffen?

Wie schon in ihrem Debüt „Falkenberg“ führt Regine Seemann die Leser zur Lösung des raffiniert konstruierten Falles zurück in die deutsche Geschichte – bis ins Konzen­trationslager Bergen-Belsen und in ein jüdisches Kinderheim. Wie die Autorin das macht, etwa mit dramaturgisch schlüssig eingebauten psychologischen Interviews, das ist äußerst lesenswert.

Der Keller


Gleich mit ihrem ersten Psychothriller „Der Kindersammler“ landete Sabine Thiesler 2006 einen Bestseller. Bevor sie sich jedoch ans Schreiben von Romanen machte, hatte sie zahlreiche Drehbücher fürs Fernsehen verfasst (u. a. „Tatort“, „Polizeiruf 110“), irgendwann aber gemerkt, dass die Belletristik ihr größere Freiheiten ließ. Weil da nämlich niemand reinredet.

Nach neun weiteren Kriminalromanen ist nun jüngst „Der Keller“ (Heyne, 480 Seiten, 20 Euro) erschienen. Erneut platziert Sabine Thiesler die Handlung in der Toskana, wo sie selbst mit ihrem Mann lange Jahre gelebt hat: Erzählt wird dabei auch die Geschichte der Liebe zwischen Hannah und Heiko, verheiratet sind sie und in glücklicher Erwartung des ersten Kindes.

Als Hannah von ihrem Vater die Nachricht erhält, dass ihre Mutter versucht habe, sich das Leben zu nehmen, macht sie sich unversehens auf in die Toskana, in das Ferienhaus ihrer Eltern – trotz ihrer großen Flugangst. Bereits am Flughafen lernt Hannah einen Mann kennen, freundlich, elegant, angenehmes Äußeres. Später lädt dieser Mann die junge Frau in seinen toskanischen Palazzo ein, zum Abendessen, wie es heißt.

Hannah nimmt die Einladung an und lernt in dem prachtvoll ausgeschmückten Gebäude eine geheimnisvolle, im Rollstuhl sitzende Frau kennen. Eine Begegnung, die nicht folgenlos bleiben soll: Hannah ist fortan verschwunden. Sabine Thieslers „Der Keller“ ist ein höchst spannend erzählter Psychothriller, ein Buch, dessen Titel bereits nichts Gutes ahnen lässt. Und so wird es dann auch kommen: Hannah ist nicht die einzige Frau, die in der Toskana vermisst wird.

13. Hamburger Krimifestival Regine Seemann liest, Mi 6.11., 19 Uhr, Kampnagel, Eintritt 11 Euro Sabine Thiesler liest (mit Vincent Kliesch und Tim Erzberg), Sa 9.11., 19.30 Uhr, Kampnagel, Eintritt 16 Euro. Karten in allen Heymann-Buchhandlungen, der Hamburger-Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32, und unter der HA-Ticket-Hotline 040/30 30 98 98; alle Infos im Internet unter: www.krimifestival-hamburg.de