Seit Wochen, nein: seit Jahren wird über die erfolgreichste Sängerin aller Zeiten hergezogen. Aber wie ist das neue Album denn jetzt?
Madonna Louise Ciccone hat nicht erst seit ihrem wenig überzeugenden Gastauftritt beim Eurovision Song Contest im Mai mit einigen Problemen zu kämpfen. Auf den Punkt gebracht, ließe sich sagen, dass derzeit alle Welt an ihrem Status als Pop-Weltmacht sägt. Eigentlich geschieht dies schon seit etlichen Jahren, denn im Pop ist qua Definition nichts für immer, und niemand ist angreifbarer als die alternde Starkünstlerin (mehr noch als der Starkünstler). Einst hat sie die Charts beherrscht, ästhetische Wagnisse unternommen. Dann betrachtete sie, noch oben auf dem Thron sitzend, wie die Jungen sich an ihr orientierten, wie andere Moden aufkamen und am Gestirn des Popfirmaments neue Stars geboren wurden. Pop braucht den Überschwang, frische Gesichter, Helden des Augenblicks.
Als Veteranin im Kampf um die Aufmerksamkeit der Konsumenten – und, Mensch, ist der Kampf hart geworden – kann man es nun gar nicht richtig machen. Bleibt man dem Sound treu, singt man die Zuhörer in die ermüdenden Serpentinen der popkulturellen Zeitschleife. Passt man sich den jeweiligen Moden an, läuft man Gefahr, als genauso wenig originelle Trendmitschwimmerin im Spott der Übelmeinenden unterzugehen.
Nur Elvis, die Beatles und Michael Jackson waren erfolgreicher
Heute erscheint „Madame X“ (Universal), das 14- Studioalbum der bald 61 Jahre alten Madonna. Es ist bereits vor diesem Erscheinen von den meisten Popkritikern mit einigem Getöse beerdigt worden. Madonna ist mit geschätzt 330 Millionen verkauften Tonträgern auf Platz vier der größten Popmarken notiert. Nur Elvis Presley, die Beatles und Michael Jackson waren kommerziell noch erfolgreicher. Madonna ist die Queen of Pop.
Oder halt eben die Queen Mum des Pops. Eine Queen Mum, zu der sich die neue Herrscherin Beyoncé einst bekannte: 2013 sagte sie, sie wolle in die Fußstapfen von Madonna treten. Das ist sie längst, aber wer sagt, dass da nicht auch noch Platz für die Altvordere wäre?
Madonna trifft den Zeitgeist exakt
Wenn zu viele am selben Denkmal rütteln, ist immer Skepsis angesagt. War es vor einigen Jahren noch so, dass einem Madonnas Fitness-gestählte Kampfansage tatsächlich auf die Nerven gehen konnte, bleibt jetzt zunächst festzuhalten: Die gegenwartsgeile Aufgeregtheit der Wandlungskünstlerin Madonna hat auf „Madame X“ keineswegs etwas Verzweifeltes.
Und von Müdigkeit ist auch keine Spur. Wer den Sound der Gegenwart mag, also Tropical Beats, R&B, Rap, Reggaeton, Autotune der wird hier Songs finden, die diesen Zeitgeist exakt treffen. Man könnte sogar sagen, dass „I Rise“, „Medellin“ und „Bitch I’m Loca“ den älteren Hörer mit jenem Zeitgeist überhaupt erst versöhnen. Und, mal ehrlich, „Dark Ballet“? Soll Beyonce erst einmal nachmachen. Wobei die halt einfach besser singt. Aber ging es darum jemals bei Madonna?