Hamburg. Pianistin Sina Kloke gab ein überzeugendes Debüt mit Werken von Debussy, Enescu, Brahms und Clara Schumann.
Ein Programm zu bauen, das aufs Vertraute verzichtet und den Hörer trotzdem mitnimmt, ist kein so ganz leichtes Unterfangen. Sina Kloke hat diese selbst gestellte Aufgabe bravourös gemeistert – und damit die Grundlage für ein starkes Elbphilharmonie-Debüt im Kleinen Saal gelegt.
In der ersten Hälfte ihres Klavierabends bündelte die junge Pianistin Claude Debussys wenig bekannte Suite „Pour le Piano“ und die Suite Nr. 2 von George Enescu zu einem faszinierenden Doppelpack mit französischem Flair. Beide Werke sind kurz nach Beginn des 20. Jahrhunderts in Paris entstanden und changieren zwischen spätromantischer Glut und impressionistischem Farbzauber. Nach der Pause konfrontierte Kloke Klaviermusik der Jubilarin Clara Schumann mit späten Stücken von Johannes Brahms, Claras heimlichem Verehrer.
Der Beziehungsreichtum, den die Pianistin mit ihrer Auswahl hergestellt hatte, verdichtete sich unter ihren Händen zu einer sinnlichen Entdeckungsreise. Mit differenziertem Anschlag erkundete Sina Kloke den Kontrast aus Melancholie und Rausch bei Debussy und kostete die chromatischen Umwege aus, mit denen Enescu so kunstvoll die Erlösung hinaus zögert. Da lässt man sich gern immer und immer wieder auf die Folter spannen; die süße Qual wird zum Genuss. Schwer zu verstehen, warum diese herrliche Musik nicht viel öfter gespielt und bejubelt wird.
Bei Brahms traf Kloke ins Schwarze
Allerdings hätte Kloke – die in ihrer ganzen Körpersprache sehr diszipliniert wirkt – hier manchmal noch etwas mutiger in die Extreme gehen, die ekstatischen Momente noch ungezügelter ausleben können. Kontrolle ist ja gut, aber nicht immer besser. Bei den vier Klavierstücken op. 119 von Brahms traf Sina Kloke dagegen genau ins Schwarze. Diese seelenherbstliche Musik, die nichts mehr beweisen will, sondern ihre Botschaft mit knappen, schattigen Gesten andeutet, bedarf genau jener Sensibilität für Zwischentöne, die Klokes Spiel auszeichnet, aber auch ihrem Sinn für eine gute Klangbalance.
In den vollgriffigen, beinahe orchestralen Passagen des letzten und längsten Brahms-Stücks wahrte die junge Pianistin ihren kultivierten Ton, bevor sie zum Abschluss die Ausdrucksvielfalt im Schaffen von Clara Schumann ergründete: die tiefe, hinter eleganten Schlenkern kaum versteckte Wehmut der Ballade op. 6 und das virtuose Flirren im Scherzo Nr. 2, durchglüht von einer Leidenschaft, wie sie viele Meisterwerke des 19. Jahrhunderts auszeichnet. Keine Frage, die Musik ist ein Gewinn. Wie die Pianistin auch.