Andreas Altenburg hat die NDR-Kultserie nicht nur erfunden, er spricht auch alle Figuren selbst – was nicht immer nur komisch ist.

Manchmal muss seine Frau „hart durch“, sagt Andreas Altenburg. Schließlich lebt sie nicht nur mit einem Mann zusammen. Hin und wieder sind da noch die Oma Rosi oder der Svenni mit in der Wohnung. Mit denen teilt sie dann auch Tisch und Bett. Bei großer Freude, da komme dann gerne mal spontan der kindliche Svenni in ihm durch, sagt Altenburg. Und verfällt spontan in die Stimmlage des Jungen aus der NDR-Kultserie „Die Freeses“. Selbstgespräche wiederum führe er als Oma Rosi. „Meckern und motzen, besonders im Auto, das geht sowieso am besten mit ihr.“ Zu gern fahre er als Rosi durch die Gegend. Seiner Frau gefalle das weniger.

Altenburg hat 1000 Folgen produziert

Altenburg hat die verrückte norddeutsche Familie „Freese“ nicht nur erfunden. Er schreibt die einzelnen Episoden. Spricht alle Figuren selbst. Er ist die Familie Freese in Personalunion. 1000 Folgen hat er bisher produziert. Und ein Ende ist im Moment nicht abzusehen.

„Die Schnacks, die kommen eigentlich quasi permanent aus mir raus“, sagt Andreas Altenburg. Ideen gebe es jede Menge, ob zu aktuellen Anlässen wie den Klimademos der Jugendlichen oder zum Problemwolf. Aber es geht auch um alltägliche Dinge, wie Sekundenkleber an den Fingern und missglückte Restaurantbesuche. „Wenn man ehrlich ist, passieren mir selbst auch wirklich viele schräge Sachen“, sagt er. Er könne aus dem eigenen Leben und dem seiner Familie schöpfen. Er sei derjenige, der in einen Gully falle. „Ich verletze mich auf die unmöglichsten Arten.“ Oder der verrückte Dialoge an der Käsetheke erlebe. Natürlich gehöre auch der Blick für absurde Situationen dazu. „Andere würden die Komik vielleicht gar nicht erkennen.“

Zum Radio kam Altenburg eher per Zufall

Mit dieser Fähigkeit ist er beim NDR Stück für Stück in den Bereich Comedy gerutscht. Angefangen hat Altenburg nämlich ganz seriös vor vielen Jahren. Vor so vielen Jahren, dass der 50-Jährige scherzhaft sagt, er sei „im Weidenkorb beim NDR abgegeben worden“. Altenburg studierte in Lüneburg Kulturwissenschaften, wollte im Bereich Kulturmanagement arbeiten. „Vielleicht eine große Galerie leiten oder so“, sagt er. Das Radio, das habe er als junger Mann überhaupt nicht auf dem Schirm gehabt.

Bis er an einem Seminar eines NDR-Mitarbeiters teilgenommen habe. Dabei muss Altenburg so überzeugt haben, dass ihn der Seminarleiter ansprach, ob er nicht einmal beim Sender vorbeischauen wolle. Und weil er neugierig war, tat er das. „Schon war ich freier Mitarbeiter.“ Das war 1993. Altenburg arbeitete für die NDR-2-Sendung „Der Club“. Aus der freien Mitarbeit wurde eine feste Anstellung bei einer Morgensendung. Zehn Jahre lang übernahm er sogar die Leitung des wichtigsten Formats des Tages. Altenburg war in kürzester Zeit vom angehenden Kulturmanager zum begeisterten Hörfunkmacher geworden.

Die Familie lebt in Altbauwohnung in der Nähe des Schlump

Für diesen Traumjob nahmen er und seine Familie viel auf sich. Der Redakteur lebte mit seiner Frau und den drei Söhnen in Meldorf. Zur Arbeit ging es jeden Tag nach Hamburg. Eine, manchmal eineinhalb Stunden über Autobahn und Landstraßen. 13 Jahre lang. „Das ging ganz schön an die Substanz“, sagt Altenburg. So sehr, dass sich die Familie entschloss, vom Land in die Großstadt zu ziehen. Und wenn schon, dann gleich richtig rein. Bis heute leben er und seine Frau – die Söhne sind groß und nur noch hin und wieder zu Hause – in einer Altbauwohnung in der Nähe des Schlump.

Schon früh begann Altenburg, sich beim Radio auch mit Comedy zu beschäftigen. Wirkte hier und da an lustigen Formaten mit. „Dann kam mein Chef und wollte einen täglichen festen Beitrag zur wichtigsten Sendezeit am frühen Morgen.“ Altenburg war begeistert. Zusammen mit seinem Freund und Kollegen Harald Wehmeier entstand schnell die Idee zu „Frühstück bei Stefanie“. „Wir haben das Format vorgestellt, zu dem wir selbst große Lust hatten und von dem wir total überzeugt waren“: Hörszenen aus dem Schlemmerbistro von Stefanie mit ihren drei Stammgästen. Einem Bistro irgendwo in Norddeutschland, mit einem etwas derben Humor. Und dem etwas anderen Blick auf das Weltgeschehen. „Wegen dieses Humors waren wir uns eigentlich sicher, dass die Chefs unsere Idee niemals umsetzen würden.“ Doch der Sender ließ sich überzeugen, und so startete die Serie „Frühstück bei Stefanie“ 2008. „Wir hatten alle gemeinsam anscheinend den richtigen Riecher“, sagt Altenburg.

Wehmeier verließ den NDR in Richtung Lanzarote

1066 Folgen wurden gesendet. Die Serie bekam schnell Kultstatus. Prominente wie Til Schweiger, Kai Pflaume oder Olli Dittrich waren zu Gast. 2011 gewann die Serie den Radiopreis. Altenburg gab die Leitung der Morgensendung ab und konzentrierte sich nur noch auf das Format. „Aber irgendwann war es auserzählt“, sagt er. Wehmeier verließ den NDR in Richtung Lanzarote und arbeitete nur noch als freier Autor an unterschiedlichen Projekten mit. „Allein hätte ich das nicht stemmen können.“

Im Juni 2013 war Schluss mit Stefanie. „Mir war zu diesem Zeitpunkt nur eines klar: Ich möchte ein neues Comedyformat machen. Aber alle Stimmen selbst sprechen.“ Um unabhängig zu sein, die Entscheidungen treffen zu können. So entstand „Udo Martens – so seh ich es“, ein wöchentliches Format von Altenburg, das ein Jahr lang lief.

Und dann war da noch diese Idee, die er schon lange im Kopf hatte. Du musst mal was mit einer Familie machen. Schließlich gibt es da so viele Themen, so viele Geschichten. Ob aus dem eigenen Leben oder aus dem anderer. So entwickelte Altenburg die Freeses. Vier Menschen, ein Sprecher. „Die Bianca, die Mama, die hatte ich schnell im Kopf.“ Und eine versoffene Oma, die habe er schon immer mal sprechen wollen. Dazu ein kleiner nerviger Junge. „Da musste ich an der Art zu sprechen etwas feilen.“ Und dann ein Nachbar. Fertig war die verrückte norddeutsche Familie. Im September 2014 ging Altenburg auf Sendung.

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. © NDR/Michael Marklowsky | Unbekannt

Mittlerweile haben die Freeses mindestens so viele Fans wie „Frühstück bei Stefanie“. Das Buch zur Serie kommt in etwa zwei Wochen auf den Markt. Mehrere Hörspiele auf CD gibt es bereits. Und jede Woche werden fünf Folgen produziert. Dazu kommt am Freitag noch der Video-Blog von Oma Rosi. Ein Fulltime-Job, nicht nur für Altenburg. Drei Kollegen sind zusammen mit ihm beinahe täglich dabei, neue Folgen zu produzieren, Ideen zu entwickeln. Und den Kontakt zu den Hörern zu pflegen.

Und das ist längst nicht alles, was Altenburg so macht. Der kann nämlich nicht nur Radio, sondern auch Fernsehen. So entwickelte er zusammen mit Wehmeier die NDR-Serie „Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres“, die seit 2015 ausgestrahlt wurde. Hauptdarsteller ist unter anderem Olli Dittrich. „Die Kollegen sind nach dem Ende von Stefanie auf uns zugekommen und meinten, ob wir nicht mal Lust hätten, eine Fernsehserie zu schreiben.“ Hatten die beiden Kreativen natürlich. „Jennifer“ wurde im vergangenen Jahr mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet. Gerade arbeitet Altenburg an einem neuen Stoff für Dittrich. Ein Film soll es werden, mehr mag er aber noch nicht verraten. Ach ja, Lieder schreibt Altenburg ja auch noch. Stücke zu seinen Serien. Oder andere Songs. „Die kommen mir hin und wieder einfach so in den Kopf.“

Stimmbänder sind bereits belastet

Ideen hat Altenburg also jede Menge. Auch für seine Familie Freese. Doch ihm ist auch klar, dass irgendwann Schluss sein muss. „Der Sven ist mittlerweile etwa 15 Jahre alt. Wir halten ihn bereits absichtlich klein“, sagt er und lacht. Dazu kommt, dass die Arbeit im Studio ihn mittlerweile einiges an Kraft kostet. „Meine Stimme leidet zunehmend“, sagt Altenburg. Hin und wieder müsse er pausieren. Dieses Knatschige, dieses Hohe, belaste seine Stimmbänder sehr.

Und was kommt dann? Altenburg weiß es noch nicht. Einen Traum hat er allerdings: „Ich würde zu gern eines Tages ein halbes Jahr hier in Hamburg arbeiten, das andere halbe Jahr auf Mallorca das Leben genießen.“ Dort hat die Familie seiner Frau eine kleine Finca. Ein Rückzugsort für alle. „Hier kann ich stundenlang basteln in Haus und Garten. Es gibt nichts Schöneres.“ Und da kommen ihm auch wieder neue Ideen. Für Lieder, Serien, Formate oder Filme. Oder es passiert wieder ein Missgeschick ...

Die 1000. Folge

"Die Freeses“ ist eine Comedy-Serie, die jeden Morgen um 7.17 Uhr auf NDR2 gesendet wird. Heute wird die 1000. Folge gefeiert. Erfunden wurde die Reihe von Andreas Altenburg. „Die Freeses“ werden seit 2014 ausgestrahlt. „Wir sind die Freeses“ bedeuten mehr als 2500 Minuten verrückte Dialoge. Dabei hatten die Fresses auch schon prominente Unterstützung, unter anderem von Peter Maffay, Linda Zervakis, The Boss Hoss, Fiete Arp, Jan Fedder und Til Demtröder.