Hamburg. Der Schauspieler Jens Harzer, seit 2009 Ensemble-Mitglied am Thalia-Theater, erhält die Auszeichnung von Bruno Ganz.
Jens Harzer ist ein Schauspieler, für den man ins Theater geht. Egal, welches Stück, egal, welche Rolle. Seit zehn Jahren ist er Ensemblemitglied am Thalia Theater und er gehört zu den schillerndsten, berückendsten Schauspielern der deutschsprachigen Theatergegenwart. Er ist genau das, was die nun an ihn gehende Auszeichnung verlangt: Er ist „würdig“, den berühmten Iffland-Ring zu tragen. Bruno Ganz, bis zu seinem Tod vor wenigen Wochen Träger des Ringes (1996 an ihn übergeben von Josef Meinrad), hat die Weitergabe der legendären Auszeichnung an Harzer testamentarisch verfügt.
Ein diamantenbesetzter Fingerring aus Eisen, kostbar gefasst, versehen mit dem Porträt des Schauspielers, Dramatikers und Theaterdirektors August Wilhelm Iffland. Schon die Auszeichnung selbst und ihre geheimnisvolle Weiterreichung, die – da sie auf Lebenszeit vergeben wird – stets einhergeht mit dem Tod des Vorgängers, hat etwas Hochtheatrales an sich.
„Theater heute“ schlug erst kürzlich vor, endlich einmal auch Frauen zu bedenken
Nach Ganz’ Tod gehörte Jens Harzers Name schnell zu den Favoriten, über die spekuliert wurde. Auch Lars Eidinger, Martin Wuttke, Ulrich Tukur und Ulrich Matthes waren immer wieder genannt worden – und das Fachmagazin „Theater heute“ schlug erst kürzlich vor, die Gepflogenheiten zu ändern und endlich einmal auch Frauen zu bedenken. „Allen historischen – und historisch bedingten – Regeln zum Trotz.“ Kandidatinnen, die ebenso würdig sind wie nun Harzer, hätte es manche gegeben, Birgit Minichmayr beispielsweise oder Sophie Rois. Frauen also, die das Theater mit ihrem Spiel nachhaltig geprägt haben.
Nun ist es also Jens Harzer geworden, und auch das ist ohne Frage hochverdient. „Hier steht der junge Bruno Ganz“, beschrieb die „Welt“ vor vielen Jahren Harzers fiebrige, sehnsüchtige, ungebremste und zugleich doch immer leicht verknappte Art zu spielen. Damals hieß es indes, Bruno Ganz habe wohl Gert Voss als Nachfolger auserkoren, Voss jedoch starb schon vor fünf Jahren.
Am 11. Mai feiert Jens Harzer mit „Amphitryon“ Premiere
Jens Harzer war bereits 2008 und 2011 in der „Theater heute“-Kritikerumfrage zum Schauspieler des Jahres gewählt worden, erst kürzlich hat er erneut seine Ausnahmequalitäten am Thalia-Theater in einer Co-Produktion mit den Salzburger Festspielen und dem Schauspielhaus Bochum unter Beweis gestellt: In „Penthesilea“ von Johan Simons, mit Sandra Hüller in der Titelrolle, war der Bühnenraum leer. Die Kraft und die Wucht der beiden Schauspieler war vollkommen ausreichend. Am 30. und 31. März wird „Penthesilea“ wieder gespielt. Auch in „Fountainhead“ und „Cyrano de Bergerac“ steht Harzer in dieser Spielzeit noch auf der Hamburger Bühne. Am 11. Mai feiert er in Leander Haußmanns Produktion „Amphitryon“ Premiere.
Thalia-Intendant Joachim Lux zeigte sich naturgemäß hocherfreut über die Auszeichnung, die doch auch auf sein Haus abstrahlt: „Ich hoffe sehr, dass Jens Harzer auch in Zukunft das künstlerische Profil des Thalia so entscheidend mitgestalten wird“, erklärte Lux. „Er steht mit seiner Arbeit für die autonome Welt der Kunst und die Kraft der Sprache und verteidigt sie gegen die Zumutung unterkomplexer Weltsichten.“ Kultursenator Carsten Brosda vermutete ganz Hamburg „stolz und glücklich den neuen Träger des Iffland-Rings im Ensemble des Thalia Theaters zu wissen“.
Der Ausgezeichnete steht am Freitag in Berlin auf der Bühne
Und Jens Harzer? Spielte Theater. Er nehme „diese Geste des Weiterreichens voller Dank“ entgegen, erklärte er. „Aber ich kann heute nichts anderes tun, und möchte nichts anderes tun, als, an Bruno Ganz denkend, auf die Bühne zu gehen und Theater zu spielen.“ Peter Handkes „Immer noch Sturm“ stand gestern als Gastspiel an der Berliner Volksbühne auf dem Spielplan.
Drei Monate hat Jens Harzer nun Zeit, um seinerseits ein Kuvert im österreichischen Kunstministerium zu hinterlegen, auf dem der Name seines Nachfolgers notiert ist. Oder, ganz radikal, diesmal dann vielleicht seiner Nachfolgerin.