Hamburg. Florens Schmidt hat die Hauptrolle in der Adaption des Joachim-Meyerhoff-Romans „Ach diese Lücke ...“ übernommen.

Wie spielt man einen berühmten Schauspieler? Oder vielmehr, wie spielt man dessen literarisches Alter Ego? Vor dieser Aufgabe sieht sich derzeit Florens Schmidt. In „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“, der Adaption des dritten Romans von Schauspiel-Star Joachim Meyerhoff, steht er vom 10. Februar an in der Regie von Henning Bock auf der Bühne des Altonaer Theaters. Florens Schmidt kennt seinen berühmten Schauspielhaus-Kollegen nur „vom Sehen in der Kantine“. Und von der Bühne natürlich.

Sechs Jahre lang war der 34-Jährige nach seiner Ausbildung an der Potsdamer Hochschule Konrad Wolf in Hamburg Teil des Jungen-Schauspielhaus-Ensembles. „Wir haben uns aber leider nie persönlich kennengelernt“, sagt Schmidt, ein besonnener, ernsthafter Arbeiter, kein extrovertierter Selbstentblößer wie Meyerhoff. Schmidt war damals die perfekte Besetzung für den Typ des umschwärmten, coolen Jungen, spielte aber auch manch leidgeplagten Heranwachsenden.

Meyerhoff-Lesungen sind Kassenschlager

Meyerhoffs Roman-Lesungen – am Schauspielhaus immer ein Kassenschlager – hat er verfolgt, die besondere Art seines Erzählens gemocht, über die typischen Zuspitzungen gelacht. Aber er legt Wert auf die Feststellung, dass er nun ja nicht Joachim Meyerhoff spiele, sondern dessen literarische Entsprechung.

Der Vorgänger „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ läuft weiterhin erfolgreich am Altonaer Theater. Doch wo Jonas Anders den heranwachsenden Meyerhoff bis hin zu Gestik und Stimme täuschend authentisch folgte, geht Schmidt einen anderen Weg. „Ich habe schnell gemerkt, dass es unangenehm wäre, wenn ich versuchen würde, Meyerhoff zu imitieren. Natürlich ist er eine reale Figur, aber ich sehe ihn hier eher als Autor und versuche wie bei anderen Stücken auch, etwas Eigenes in der Figur zu finden“, sagt Florens Schmidt. „Für mich ist es eine Tragikomödie mit einem Protagonisten, der ständig scheitert, an sich selbst und auch an den Umständen. Und der bei den Großeltern in einer skurrilen aber warmherzigen Welt eine Insel findet.“ Die Geschichte liefere reichlich Stoff für befreites Spiel.

Bewegte Jahre an der Schauspielschule

Seine Beobachtungsgabe und Situationskomik verbunden mit pointierter Sprache hat Meyerhoff in „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“ auf die Spitze getrieben. Er erzählt von den bewegten Jahren als Student an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Und die laufen zunächst alles andere als rund. Meyerhoff sieht sich mit entwürdigenden Aufgaben konfrontiert und ist schnell überfordert. Versagenserlebnisse und Zweifel an dem Berufstraum zermürben ihn – auch wenn er sie sehr komisch zu beschreiben weiß.

Die Hausgemeinschaft mit einer exzentrischen ehemaligen Schauspielerin und einem sturen Philosophen birgt ihre eigene Herausforderung. Denn das betagte Paar hat spezielle Trinkgewohnheiten, die mit dem morgendlichem Gurgeln von Enzianschnaps beginnen, in das Ritual des täglichen 18-Uhr-Whiskys münden, mit dem der tägliche Alkoholverzehr aber noch lange nicht endet. Der wenig trinkfeste Meyerhoff gelangt an manchem Abend nur noch mühsam mit dem Treppenlift in sein rosafarbenes Zimmer.

Erinnerung an eigenes Rollentraining

Auch bei Florens Schmidt werden da Erinnerungen an die Fallstricke des Rollentrainings während der Ausbildung wach. „Bei manchen Übungen konnte man sich schon fragen, was machen wir da eigentlich“, sagt er und lacht. „Dabei geht es natürlich viel um Intimität, das Bekämpfen von Scham. So extrem wie in Meyerhoffs Vorlage habe ich es aber selbst nicht erlebt.“

Im Roman befreit Joachim Meyerhoff sich, als er sich anlässlich einer Kostümversteigerung in einen Paillettenfummel wirft. „Im Text heißt es ‚Ich wollte Theater spielen, aber nicht dabei sein, auf der Bühne stehen, aber nicht gesehen werden‘“, sagt Florens Schmidt. „Er kann dieses Ausgeliefertsein auf der Bühne schwer ertragen. Erst mithilfe des Kostüms und der Verwandlung gelingt es ihm, freier im Spiel zu werden.“ Florens Schmidt kann sich teilweise mit dieser Coming-of-Age-Geschichte identifizieren, auch wenn für ihn alles sehr viel geschmeidiger lief: „Manchmal muss man durch ein Tal gehen, um sich selbst zu finden“, weiß er.

Und dieses Tal, durch das Joachim Meyerhoff ging, zeigt er nun im Altonaer Theater.

„Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“ Premiere 10.2., 19.00, weitere Vorstellungen bis 24.3., Altonaer Theater, Karten unter T. 39 90 58 70; altonaer-theater.de