Hamburg. „Baskerville“ feierte im Altonaer Theater Premiere mit Freunden der Schauspieler, die sich teils hysterisch bemerkbar machten.
Der Detektiv als solcher ist als Beruf nicht besonders angesehen. Ob nun Schnüffler oder Schlawiner – als Privatermittler kann er nicht die Polizei ersetzen, sollte aber zumindest verwertbares Beweismaterial recherchieren. Eine ruhmreiche Ausnahme ist auf diesem Gebiet Sherlock Holmes. Seine berühmteste Figur hatte der britische Schriftsteller Sir Arthur Conan Doyle bereits 1886 erschaffen. Nachdem der Meisterdetektiv zwischenzeitlich schon das Zeitliche gesegnet hatte, ließ ihn Doyle nach heftigen Protesten der damaligen Leser 16 Jahre darauf wiederauferstehen – in seinem bis heute wohl bekanntesten Kriminalroman „Der Hund von Baskerville“.
Erst vor wenigen Jahren hat sich Ken Ludwig Doyles Roman angenommen. Der US-Dramatiker, der mit „Otello darf nicht platzen“ schon gut vor drei Jahrzehnten eine Komödie rund um das Opern-Genre verfasst hatte, schrieb nach Doyles Vorlage eine Krimi-Komödie: „Baskerville“ macht seit diesem Frühsommer nun auch deutsche Theater unsicher.
Storzer und Schöberl spielen treffend gut
Dichter Nebel wabert über die Bühne und durch die vorderen Reihen des Altonaer Theaters. Mehrfach ist das schaurige Jaulen eines Hundes zu hören. Vor Angst zittern muss jedoch auch hier in Altona niemand, wo das Stück am Sonnabend Premiere feierte. Denn Eva Hosemanns Inszenierung nimmt sich und das Grusel-Genre mit Selbstironie auf die Schippe. Dem dient das von der Regisseurin gestaltete Bühnenbild mit Sofa, Sesseln sowie für die Zuschauer sichtbaren Garderoben für die fünf Schauspieler am Bühnenrand und Kleiderständer im Bühnenhintergrund.
Der Ausgangspunkt: Die Leiche von Sir Charles Baskerville ist grausam entstellt im Morast entdeckt worden. Am Tatort sind Spuren eines riesigen Hundes gefunden worden. Die geheimnisvolle Todesursache passt zu rätselhaften Todesfällen, die die Familie Baskerville seit Generationen heimsucht. Hat tatsächlich ein schwarzer Höllenhund aus dem Moor zugebissen? Oder war es der gewiefte Plan eines Mörders? Für die Ermittler ist Eile geboten: Der Erbe, Henry Baskerville aus Texas, ist im Anmarsch. Ihm droht laut eines anonymen Briefes ein ähnliches Schicksal. Ein Fall für Sherlock Holmes und seinen treuen Gefährten Dr. Watson.
Mehr als 30 Nebenrollen für drei Schauspieler
Gerd Lukas Storzer und Herbert Schöberl verkörpern die Protagonisten treffend gut. Beide geben ihren Rollen eine stilechte und glaubwürdige britische Gelassenheit mit Hang zur Überheblichkeit (Holmes) respektive Empathie (Dr. Watson). Storzer stochert als Holmes lange Zeit im Nebel, steckt sich seine Pfeife hier aber auch mal mit einer großen Nebelmaschine an. Schöberl, in seiner Rolle als Watson auch Erzähler, stellt sich zwischenzeitlich tot, um wenig später den Theater-Inspizienten Thorsten Wolkenhauer anzuraunzen, er habe den Wandschrank zu früh auf die Bühne geschoben. Von derlei Elementen und Verrücktheiten in diesem Stück im Stück hätte es bei den Hauptfiguren gern noch etwas mehr geben dürfen, obschon Storzer und Schöberl ihren Dialog mitsamt Hängern – wie im Textbuch vorgesehenen – schön ausspielen.
Auch das gewährt den drei weiteren Schauspielern Zeit für die weithin sichtbaren Kostümwechsel. Mats Kampen, Achmed Ole Bielfeldt und Melissa Holley spielen mehr als 30 Nebenrollen, mal mehr, mal weniger überzeichnet, und sorgen so für Turbulenzen. Angefangen von Kampen, der den schießwütigen Erben Henry Baskerville gibt, sich aber flugs in einen unterkühlt wirkenden Scotland-Yard-Inspektor verwandelt.
Melissa Holley berlinert und lispelt als Laufbursche frech und komisch mit Schiebermütze, gibt wenige Sekunden später indes auch ein verführerisches Hausmädchen mit französischem Akzent. Und Bielfeldt spielt den gerissenen Dr. Mortimer, dann mit Kescher auch den Insektenfänger Stapleton. Den aber etwas zu oft und zu lang, sodass sich bei manchem Besucher im ersten Akt ein Spannungsabfall auftut.
Oft nah am Klamauk
Etwas mehr Stringenz hätte Eva Hosemanns Regie hier und da nicht geschadet – bei aller Liebe zu Slapstick-Einlagen und Situationskomik, oft nah am Klamauk und mit dem ein oder anderen überflüssigen Wortspiel.
Ob die Besucher in Altona „Baskerville“ auch in der Vorweihnachtszeit so goutieren wie das Premierenpublikum, in dem sich Freunde und Bekannte der fünf Schauspieler am Ende lautstark, teils sogar hysterisch bemerkbar machten, wird sich zeigen. Verdient haben sich die Schauspieler den großen Schlussapplaus allemal. Und wie sagt Storzer alias Holmes nach einem weiteren Mord in der Oper: „Zurück an die Arbeit, schnell, schnell!“
„Baskerville“ wieder Do 15.11., 20.00, bis 14.12., Altonaer Theater (S Altona), Museumstraße 17, Karten zu 17,- bis 38,-:
T. 39 90 58 70; www.altonaer-theater.de