Hamburg. Zum Jahreswechsel soll beim Traditionsverlag Florian Illies für Barbara Laugwitz den Chefposten übernehmen. Nicht alle finden das gut
Am 29. August wurde der Rowohlt-Belegschaft mitgeteilt, dass sie vom 1. Januar 2019 an einen neuen Chef hat. Florian Illies, Bestsellerautor („Generation Golf“, „1913“), Journalist und Ex-Auktionshauschef, wird Barbara Laugwitz an der Spitze des Traditionsverlags ablösen.
Wie schnell deutlich wurde, erwischte die Verlagsangestellten jene Nachricht kalt. Nichts hatte darauf hingedeutet, dass Laugwitz, wie Illies Jahrgang 1971, nach vier Jahren als Verlegerin aufhören muss. Und doch verkündete der Medienkonzern Holtzbrinck, zu dem der Reinbeker Verlag gehört, vor knapp zwei Wochen spürbar stolz und im festen Vertrauen darauf, einen Coup gelandet zu haben: „Florian Illies ist ein seltener Glücksfall für Rowohlt.“
Mittlerweile weiß Holtzbrinck, dass die Personalie vor allem erst einmal atmosphärische Störungen hervorgerufen hat. Laugwitz’ Erfolge sind unbestritten: Unter ihrer Führung war Rowohlt mit Autoren wie Eckart von Hirschhausen oder Jan Weiler, die von der in Reinbek zunächst im Sachbuchbereich tätigen Laugwitz verpflichtet worden waren, Dauergast auf der Bestsellerliste. Bei den Kritikern kam das Programm gut an: Heinz Strunk und Natascha Wodin gewannen hochrangige Preise.
Wie groß das Ansehen der stets im Hintergrund wirkenden Laugwitz bei ihren Autoren ist, wurde zuletzt mehrfach deutlich. Erst setzte Rowohlt-Autor Daniel Kehlmann in einer Rede eine Spitze in Richtung Holtzbrinck, in der er sich auch im Namen von Walser, Kürthy, Hirschhausen und Franzen bei Laugwitz, der „erfolgreichsten Verlegerin“ bei Holtzbrinck, bedankte – ein Dank, den das Unternehmen selbst nicht mehr habe erübrigen können. Laugwitz selbst, von der man dachte, sie würde als die Verlegerin mit dem Rowohlt-Umzug zurück nach Hamburg (nach St. Georg) in die Verlagsgeschichte eingehen, darf derzeit aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit ihrem Bald-Ex-Arbeitgeber nichts sagen. Andere haben keine Kontaktsperre, und sie sprachen zuletzt in der „FAZ“ reichlich.
Jonathan Franzen: „Barbara ist einfach eine brillante Verlegerin gewesen. Ich kann nur glauben, dass ihr Rauswurf ein schrecklicher Irrtum war.“ Siri Hustvedt: „Es gibt sehr wenige Frauen in den oberen Etagen der Verlagswelt, und ich muss die rätselhafte Entlassung einer Frau beklagen, die so brillant gearbeitet hat.“ Paul Auster: „Was in aller Welt haben sich die Leute bei Rowohlt dabei gedacht?“ Eckart von Hirschhausen: „Sie hat für Rowohlt das Tafelsilber zusammengehalten, vermehrt und vergoldet.“
In diese illustre Reihe gesellte sich auch Elfriede Jelinek, die sehr grundsätzlich wurde („Jetzt ist schon wieder eine Frau rausgekippt worden wie Abfall“). Wenn sie sich bei Holtzbrinck nun angesichts derart geballter Unterstützung für eine Geschasste verwundert die Augen reiben, zeigt das, dass sie die innige Beziehung von Autoren und Verlegerin unterschätzt haben.
Man muss aber davon ausgehen, dass bei den Entscheidern niemand irgendetwas bereut: Illies ist nicht zuletzt, weil er selbst erfolgreiche Bücher schreibt, eine Glamour versprechende Personalie, die Rowohlt mehr PR verschafft als eine zurückhaltende Frau wie Laugwitz. Und darum, da ist sich die staunende Branche einig, scheint es Holtzbrinck zu gehen.