Hamburg . Die Kammerspiele setzen 2018/19 gleich sechs neue Stücke auf den Spielplan, zum Auftakt „Heiß auf 2. Liga“
Gut Ding will Weile haben, heißt es. Und manchmal braucht eben auch ein renommiertes Theater etwas länger, bis der Spielplan steht. Und so präsentierte Axel Schneider, unter anderem Intendant der Hamburger Kammerspiele, erst am Donnerstag den Spielplan für die neue Saison.
Eine Saison, in der die Fußballtruppe des Hamburger SV erstmals in der Zweiten Liga spielt – und somit die Steilvorlage für die erste Neuproduktion des Traditionshauses in Rotherbaum liefert: Der Arbeitstitel „Heiß auf 2. Liga“ (das Abendblatt berichtete) ist nun auch Titel der Abstiegskomödie, die am 24. September, einem für den HSV spielfreien Montag, Uraufführung hat.
„Der HSV hat uns ja nicht den Gefallen getan, frühzeitig abzusteigen“, erläuterte Schneider die Umstände der zeitlich sehr ambitionierten Stückentstehung, einer Auftragsarbeit der Kammerspiele. Der fußballaffine Autor Jörg Menke-Peitzmeyer hat es mit Probenbeginn am 13. August abgeliefert. Sein erfolgreiches Jugendtheaterstück „Steht auf, wenn ihr Schalker seid“ ist bereits in mehrere Sprachen übersetzt worden, für das Drama „The Working Dead“ erhielt er 2016 den Deutschen Jugendtheaterpreis. „Heiß auf 2. Liga“ spielt natürlich in der hanseatischen Fußballwelt, ein dubioser Spielervermittler und ein brasilianischer Kicker namens Sergio mischen auch mit. „Es ist aber nicht nur ein Stück über Fußball, sondern auch über das Leben und die Moral“, sagte Schneider. Als Coach des Ensembles, sprich Regisseur, hat der Intendant mit Gil Mehmert einen Mann gewonnen, der sich auch mit ganz großen Projekten rund ums (Kunst-)Leder auskennt: Mehmert inszenierte im Theater an der Elbe das Musical „Das Wunder von Bern“.
Eine weitere Uraufführung im Kammerspiele-Spielplan ist am 10. Oktober „Auf der Bühne gehörst Du mir“, laut Chefdramaturgin Anja Del Caro „ein multikomplexer Theaterabend“. In dem gibt es ein Wiedersehen und -hören mit Ex-Thalia-Schauspielerin Cornelia Schirmer und dem Schweizer Bühnen-Derwisch Delio Malär, die in Schneiders Altonaer Theater schon im Mikro-Musical „Auf alten Pfannen lernt man kochen“ reüssierten. In den Kammerspielen spinnen sie die Geschichte mit ihren dem realen Leben entliehenen Figuren weiter, sie als ehemalige Schauspiellehrerin, er als Schauspielschüler. Hier ergänzt um zwei Musiker, die Schirmer schon kennengelernt haben. Ein Stück, garniert mit Humor und Nonsens.
Das dritte neue Stück ist zwar keine Uraufführung, jedoch eine Premiere für Kinder (ab acht Jahren): Als erstes Hamburger Theater präsentieren die Kammerspiele vom 28. November an eine Bühnenfassung der populären „Drei ??? Kids“-Serie um die Nachwuchs-Detektive Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews. Regie führt hier Georg Münzel.
Auch Moritz Rinkes neues Stück „Westend“ hat Premiere
Gleichermaßen „erfreut und stolz“ zeigten sich Schneider und Anja Del Caro, dass sie als erste hanseatische Bühne das neue Stück von Moritz Rinke zeigen: In „Westend“ – Premiere ist am 13. Januar 2019 – erzählt der Dramatiker von einem Schönheitschirurgen und einer Sängerin, die in der Großstadt erfolgreich und dennoch einsam sind. Die Gesellschaftskomödie inszeniert Carlo Ljubek, der für seine Rolle als Dorfrichter Adam in „Der Zerbrochene Krug“ 2017 am Deutschen Schauspielhaus den Theaterpreis Hamburg Rolf Mares bekam. Karoline Eichhorn, Stephan Kampwirth und Katharina Wackernackel sind wie schon in Rinkes „Wir lieben und wissen nichts“ dabei.
Die Besetzung der Komödie „Die Nervensäge“ (ab 17. März) ist noch offen, jedoch garantiert die Neufassung von Francis Vebers mehrfach verfilmter Komödie um einen Killer und einen Trottel („Die Filzlaus“, „Buddy Buddy“) Lacher en masse. Die Regie hat Vebers französischer Landsmann Jean-Claude Berutti, an den Kammerspielen dank des Erfolgs „Ziemlich beste Freunde“ und „Der rechte Auserwählte“ bekannt.
Ebenfalls noch ungewiss ist die Besetzung von „Nein zum Geld“, am 28. April 2019, die letzte Premiere der neuen Spielzeit. Flavia Costes Komödie um einen Lottogewinner, der seinen Gewinn aus tiefster Überzeugung verschmäht und damit seine Mitmenschen irritiert, inszeniert Sewan Latchinian. Der Theatermacher mit armenischen Wurzeln hatte 2016 gegen seine fristlose Kündigung als Intendant am Volkstheater Rostock geklagt und arbeitet in Hamburg erstmals am Privattheater.
Die Entwicklung an den Kammerspielen in der vergangenen Spielzeit nannte Schneider „zufriedenstellend und stabil“. Mehr als 80.000 Zuschauer in 270 Vorstellungen sorgten für eine Auslastung von mehr als 70 Prozent, dazu kamen noch 2000 Besucher in dem seit November 2017 wieder geöffneten Logensaal. Mitverantwortlich ist Jürgen Hunke: Der alleinige Inhaber der Kammerspiele überließ den Saal Schneider bis auf Weiteres mietfrei. Indes zeigte sich der unkonventionelle Hunke, von 1990 bis 1993 selbst HSV-Präsident, vom Projekt „Heiß auf 2. Liga“ derart angetan, dass er Schneider versicherte: „Ich kaufe gleich mal 100 Karten.“