Hamburg. Der Chor St. Michaelis singt in der Elbphilharmonie Werke von Mendelssohn und Händel

    Ein Wahrzeichen geht zum anderen, mehr Hamburg geht kaum. Christoph Schoener, Kantor am Michel, hat sich und dem Chor St. ­Michaelis einen Auftritt in der Elbphilharmonie geschenkt, und der Atmosphäre nach zu urteilen, war die ganze Stadt dabei. Für seinen Ausflug hatte er sich eine Rarität ausgesucht: Händels „Acis und Galatea“ in der Bearbeitung von ­Felix Mendelssohn Bartholdy. Der deutsche Romantiker hat das Mini-Operchen großzügig aufgefüllt: So hat er eine Bratschenstimme dazukomponiert und den Bläsersatz um Flöten, Trompeten und Pauken erweitert sowie um ein so wundersames Blasinstrument wie das Corno inglese di Basso. Da dieses mittlerweile ausgestorben ist, wurde es von einer Ophikleide vertreten, die ihrerseits ­Artenschutz nötig hätte.

    Die Originalklangspezialisten des Kölner Ensembles Concerto con anima spielten trotz der dichten Instrumentierung durchhörbar und lebendig. Manche Nummern klangen fast wie reinrassige Barockmusik, andere klar nach Mendelssohn, so raffiniert wie der Bearbeiter Klarinetten und Hörner verschmolz. Die Sänger spürten dem Mythos von der Nymphe, dem Hirten und dem eifersüchtigen Riesen durch alle dramatischen Wendungen auf kleinstem Raum nach, allen voran die Sopranistin Dorothee Mields. Sie schenkte der Galatea die Luxusfarben ihres Timbres und ihre Verzierungskunst, während einige Kollegen sich ­offenbar erst freisingen mussten.

    Nach der Pause feierten die Beteiligten „Die erste Walpurgisnacht“, ebenfalls von Mendelssohn, auf die gleichnamige Ballade von Goethe. Was für einen Spaß mussten die archaischen Effekte, die heidnischen Derbheiten einem Chor machen, der sonst jahrein, jahraus zu Gottes Lob eingeteilt ist! Die Priester und Druiden, Weiber und Wächter schmetterten exzellent textverständlich und fokussiert im Ton. Einzig schade, dass es immer wieder klapperte und viele Einsätze und Übergänge verwackelten. Dadurch wirkte das Klangbild manchmal wie ein unscharfes Foto. Das Publikum ließ sich davon die Laune nicht verderben. Es jubelte, als hätte Schoener lauter Evergreens dirigiert. Der Michel schaut über den programmatischen Tellerrand. So kann man seine Prominenz sinnvoll einsetzen.