Berlin. Sein neuer Film „1000 Arten Regen zu beschreiben“ kommt am 29. März in die Kinos und läuft vorab im Abaton.

Äußerlich ist Bjarne ­Mädel schon wieder auf dem Weg zum „Tatortreiniger“. Die Haare kann er sich fast zum Zopf zusammenbinden, der Bart wächst. Im April, wenn es losgeht mit den Dreharbeiten zur neuen Staffel, wird daraus ein Schnäuzer. Einfach ankleben, das wäre für den Schauspieler nichts. „Ich versuche ja, die ­andere Figur zu sein in der Zeit, und da erinnert einen solch ein Kleber mitten im Gesicht immer daran, dass man nicht echt ist“, sagt er beim Gespräch in einem lederbesesselten Berliner Hotel. Er hätte außerdem beim Spielen Angst, der Bart könne abgehen.

Mädel hat eindeutig einen Hang zu Fernsehserien, die bei Fans Kultstatus erreichen. Er war Ernie in „Stromberg“ (Pro 7), Dorfpolizist Dietmar in „Mord mit Aussicht“ (ARD), ist Schotty in „Der Tatortreiniger“ (NDR). Trotzdem: Der Komiker vom Dienst möchte er nicht sein. Er möchte gar nichts ausschließlich sein, nichts für immer. „Ich versuche, mich so breit zu machen, wie’s geht“, sagt er. Filme. Serien. Ernstes, etwa das Drama „24 Wochen“, das am 26. März im ZDF zu sehen sein wird. Komisches. Lesungen. Theater. Alles soll dabei sein.

Ursprünglich wollte Bjarne Mädel Schriftsteller werden

Ins ernste Filmfach hat er es ­geschafft, weil die Regisseurin von „24 Wochen“, Anne Zohra Berrached, ihn unbedingt wollte. „Ich wusste, dass ich ernst sein kann. Aber die anderen mussten es auch noch erfahren“, sagt Mädel.

Auch in seinem neuen Film „1000 Arten Regen zu beschreiben“, der am 29. März in den Kinos startet und vorab bereits am 24. März im Abaton zu sehen ist (siehe Kasten), darf er wieder ernst sein. An der Seite von Bibiana
Beglau und Emma Bading glänzt er als Vater in der Krise: Der Sohn kommt nicht mehr aus seinem Zimmer. Verweigert sich. Hukkimori heißt das Phänomen in Japan: völliger Rückzug als Protest gegen den Erfolgsdruck der Gesellschaft. Mädel, der selbst keine Kinder hat, zeigt Verständnis für den Filmsohn: „Es gibt so Tage, an denen man sich der Welt nicht gewachsen fühlt. Ich kann verstehen, dass man mal im Bett bleiben und die Decke über den Kopf ziehen möchte.“ Im Film geht es aber monatelang so – eine Prüfung für die Familie.

Der gebürtige Hamburger glaubt, dass der Druck auf junge Menschen ­gewachsen ist. Einser-Zeugnisse, zehn Praktika, Auslandssemester – was da alles verlangt werde. Er selbst hatte diesen Druck nicht. Hat sich Zeit ­genommen. „Ich war überhaupt nicht so zielstrebig.“

Und seine Eltern haben ihn machen lassen. Erst zwei Jahre Amerika. Da wollte er noch Schriftsteller werden, „das war aber sehr unkonkret und ein bisschen naiv. Ich hab gar nichts dafür gemacht.“ Dann studierte Mädel Theaterwissenschaften in Erlangen. Spielte auch schon – mit lauter Leuten, die später das Theater zu ihrem Beruf machten. Und irgendwann habe er es einfach gewusst: „Ich will Schauspieler werden.“

Da seien die Eltern doch sehr ­erleichtert gewesen – vor allem, als er auch noch an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam angenommen wurde. „Meine Eltern haben meine Leidenschaft für den Beruf gespürt“, sagt Bjarne Mädel.

Kürzlich ist er 50 geworden. Und tut gar nicht erst so, als wäre ihm das egal. „Ich finde das schon unfassbar alt.“ ­Innerlich habe sich ab 34 nichts groß geändert. „Wo sind denn diese 16 Jahre plötzlich hin?“, das frage er sich manchmal. Und stellt fest: „Das Harte ist, dass man bei 50 nicht mehr sagen kann: Das ist die Hälfte. Das wäre zu optimistisch.“ Zumal er 29 Jahre lang geraucht habe. „Ich bereue nicht so viel in meinem Leben“, sagt er. „Höchstens, überhaupt mit dem Rauchen ­angefangen zu haben.“

Gibt es etwas, das er seinem jüngeren Ich mit jetzigem Erfahrungswissen raten würde? „Ich würde sagen: Nicht zu viel nachdenken darüber, was früher war oder was vielleicht einmal sein könnte. Versuche einfach, den Moment zu genießen.“