Hamburg. Holger Dexne, der Wirt im Ohnsorg-Hit „Soul Kitchen“, hat an diesem Sonnabend als Kriegsheimkehrer in „Buten vör de Döör“ Premiere

Der Bart steht. Und er steht ihm gut. Im November und Dezember hatte ihn sich Holger Dexne sogar dunkel gefärbt. Da spielte er am St. Pauli Theater in der Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ den arabischen Schwiegersohn des titelgebenden Patrons. Jetzt wirkt der Bart natürlicher, ein Stück weit ungepflegter. Genau das gehört zu Dexnes neuer Rolle, einer Hauptrolle wohlgemerkt und seiner bisher herausforderndsten: Dexne spielt den Heimkehrer Beckmann in Wolfgang Borcherts Drama „Draußen vor der Tür“. Premiere ist an diesem Sonnabend – „nur“ im Ohnsorg-Studio, jedoch in einer plattdeutschen Erstaufführung: „Buten vör de Döör“

Dexne kennt sowohl die kleine als auch große Bühne am Heidi-Kabel-Platz. Es ist bereits seine fünfte Arbeit am Haus. Auch das lässt den schlaksigen Schauspieler beim Gespräch an diesem Probentag recht gelassen und aufgeräumt wirken. 2014 hatte er in „Leonce un Lena“ zum ersten Mal im Ohnsorg-Studio gespielt, zwei Jahre später folgte mit „Soul Kitchen“ im Großen Haus ein echter Hit: Dexne gab Sino Feddersen, den von seiner Freundin verlassenen und von einem Bandscheibenvorfall geplagten Wirt, dessen Lokal von feindlicher Übernahme bedroht ist.

Dass er bei der Premiere dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz in Reihe eins ein Bier reichte, dieser es aber sogleich zur Seite stellte, daran erinnert sich Holger Dexne erst auf Nachfrage schmunzelnd, umso mehr aber an seine Figur: „Das war eine Super-Rolle, eine sympathische Figur, aber auch ein echter Verlierer-Typ.“.

Ein Verlierer ist auch Unteroffizier Beckmann, dieser müde, ja lebensmüde Mann, der nach dem Zweiten Weltkrieg ins zerstörte Hamburg zurückkehrt und seinen Platz in der Gesellschaft sucht. „So großartig die Rolle für einen Schauspieler ist, so ist Borcherts Stück, was das Textlernen angeht, nicht nur ein Geschenk“, sagt er. „Die Gedanken, die immer wieder um die Motive ,Krieg, Tod, Leben, Angst und Hoffnung’ kreisen, finden häufig in ähnlichen und doch leicht unterschiedlichen Formulierungen Ausdruck.“ Auch auf Plattdeutsch. Das hat Dexne, geboren in Hannover und aufgewachsen in Bad Bevensen im Landkreis Uelzen, damals nur bei seiner Oma gehört; Platt hat der nach festen Engagements in Würzburg und Coburg seit 14 Jahren meist in Hamburg tätige Schauspieler erst gelernt, seit er beim Ohnsorg gefragt ist.

Im Zweifel wendet er sich noch an Cornelia Ehlers. Mit der Leiterin des Ohnsorg-Studios und Regisseur Ingo Putz hatte Dexne bei „Leonce un Lena“ und „Soul Kitchen“ erfolgreich zusammengearbeitet. Das beruhigt. Ehlers hat ihre Fassung von „Buten vör de Döör“ auf Platt- und Hochdeutsch geschrieben, um so auch den Wandel in der Nachkriegs-Gesellschaft zu zeigen.

Holger Dexne, dessen Cousin Tobias Hanf sich als Bass des A-cappella-Quartetts LaLeLu aufs komische Gesangsfach konzen­triert, beherrscht einige Dialekte, kann inzwischen auch leidlich singen. Gezeigt hat er es beim Liederabend-König Franz Wittenbrink. In der Integrations-Revue „Willkommen“ gab Dexne einen Autonomen, der sich als Muttersöhnchen aus gutbürgerlichem Hause entpuppt. Noch präsenter war er in den Kiez-Stücken „Die Ritze“ und „Ricky – Ein Boxer aus St. Pauli“, jeweils als Gurkenhobel-Vertreter.

Dexne singt den Refrain „Gurke ab, Gurke weg“ zur Melodie von „Lollipop“ an. „Den Text hab ich ja auch selbst geschrieben“, fügt er hinzu. Später am Abend wird’s wieder ernst – er muss durch die Tür zum Saal. Probe.

„Buten vör de Döör“ Premiere Sa 17.3., 19.00, bis 26.4., Ohnsorg-Studio (U/S Hbf.), Heidi-Kabel-Platz, Karten zu 22,- unter
T. 35 08 03 21; www.ohnsorg.de