Hamburg. Wegen notwendiger Sanierungsarbeiten endet die laufende Saison bereits am 1. Mai. Anfang Oktober soll Wiedereröffnung sein
Karin Beier redete nicht lange drum herum. „Ich bin ja ein gebranntes Kind“, sagte die Chefin des Deutschen Schauspielhauses auf der Pressekonferenz am Freitagvormittag, in der Details zu geplanten Sanierungsarbeiten ihres Hauses bekannt gegeben wurden. Der Beginn ihrer ersten Spielzeit 2013/14 im Haus an der Kirchenallee hatte sich bekanntlich um mehrere Monate bis zum Januar 2014 verzögert, weil die notwendigen Umbauarbeiten an der Untermaschinerie sich hinzogen und dann auch noch ein verheerender Unfall passierte, bei dem der Bühnenboden durchschlagen wurde. „Ich hoffe, dass dieses Trauma wieder gutgemacht wird und wir mit nur einer kleinen Verspätung im Oktober in die nächste Spielzeit starten werden“, sagte Beier. Bereits am 1. Mai endet im Großen Haus und im Malersaal die diesjährige Saison.
Die Sanierungsmaßnahmen im Zuschauerraum sind aufwendig: Der erste und der zweite Rang werden vollständig entkernt. Neue Stahlträger müssen in das Gebäude gezogen werden, um die Statik der Tribünen in dem 120 Jahre alten Haus zu verbessern. Die Ränge werden in Zukunft die doppelte Last tragen können. Im Zuschauerraum wird für die Instandsetzung ein sieben Tonnen schwerer Kran aufgebaut. 58 Tonnen Stahl werden verbaut, um den Rängen besseren Halt zu geben. „Diese Arbeiten sind kompliziert, weil die Stahlträger strahlenförmig gebaut worden sind. Außerdem mussten eine Reihe von Genehmigungen in Hinblick auf Denkmalschutz und Brandschutz eingeholt werden“, erklärte Sprinkenhof-Geschäftsführer Martin Görge. Die städtische Gesellschaft zeichnet für den Umbau verantwortlich.
Auch der Malersaal bleibt die ganze Zeit geschlossen
Görge machte klar, dass die aufwendige Sanierung nur zu schaffen ist, wenn die beteiligten Firmen im Zwei-Schicht-Betrieb außerhalb der tariflichen Arbeitszeiten arbeiten. Parallel zu den Restaurierungsarbeiten in den Rängen werden auch die Toiletten renoviert, die Beleuchtung der Stuhlreihen wird erneuert, und zum Teil bekommen Wände einen neuen Anstrich. Betroffen von dem Umbau ist nicht nur das Große Haus, sondern auch der Malersaal. „Wir hatten gehofft, dort spielen zu können, aber aus technischen Gründen ist das leider nicht möglich“, sagte Karin Beier. Nur in den Werkstätten wird normal weitergearbeitet.
Trotz der Zwangspause an der Kirchenallee haben Ensemble und Team des Schauspielhauses keine verlängerten Theaterferien. Im Juni gastiert die Bühne mit „Anna Karenina“ und „Effi Briest“ auf Kampnagel. Möglich ist das, weil diese Produktionen ohne Drehbühne und Untermaschinerie auskommen. „Außerdem werden wir mit insgesamt acht Produktionen auf Tournee gehen. Wir haben in der Vergangenheit sehr viele Angebote zu Gastspielreisen nicht annehmen können, weil unser Spielplan sehr eng ist. Aber jetzt haben wir die Möglichkeit“, sagte Karin Beier. Die derzeitige Planung sieht unter anderem Auftritte in München, Wien, Amsterdam, Moskau, Brünn, Dresden und Fürstenfeldbruck vor. Nach Ende der Theaterferien studiert das Ensemble parallel drei Stücke für die neue Spielzeit auf der Probebühne in Wandsbek ein. Das Nachwuchs-Festival „Backstage“ weicht im kommenden Sommer ins Monsun-Theater aus. Im September 2018 wird es außerdem ein Festival auf der Veddel geben.
Die Sanierungskosten liegen bei vier Millionen Euro
Die Kosten der Sanierung belaufen sich auf vier Millionen Euro. Durch die verkürzten Spielzeiten in dieser und der kommenden Saison fehlen dem Schauspielhaus Einnahmen von etwa 700.000 Euro. „Dadurch, dass der Betrieb nicht läuft, sparen wir auch Geld, sodass die Einnahmeausfälle bei 475.000 Euro liegen“, bezifferte Schauspielhaus-Geschäftsführer Peter F. Raddatz die von der Kulturbehörde genehmigten Mindereinnahmen. „Mai und Juni sind unsere schwächsten Monate, was die Besucherzahlen angeht. Außerdem kommt in diesem Jahr noch die Fußball-Weltmeisterschaft hinzu. Deshalb haben wir uns für diesen Zeitplan entschieden“, so Beier. Die Intendantin erwähnte auch, dass sie bereits von dieser Sanierung gewusst habe, als sie ihren Vertrag mit der Stadt vor fünf Jahren schloss.
Einen Plan B für den Fall, dass die Arbeiten nicht rechtzeitig fertig werden, hat das Schauspielhaus nicht. „Wir haben kein Ausweichquartier angemietet wie 2013, als die Premiere von Katie Mitchells ,Alles Weitere kennen Sie aus dem Kino‘ im Tonndorfer Studio Hamburg stattfand, denn wir hätten diese Ausweichstätte in jedem Fall bezahlen müssen, unabhängig davon, ob wir dort auch tatsächlich spielen. Dieses Geld haben wir nicht“, erklärte Karin Beier. „Wenn das Haus nicht fertig wird, müssen wir Premieren ausfallen lassen oder verschieben.“