Hamburg. Am Donnerstag wird das renommierte Filmfestival in der Hauptstadt eröffnet. Im Programm laufen auch 18 Beiträge aus dem Norden.

Seit Montag läuft der Kartenvorverkauf für die 68. Berlinale. Für die ganz harten unter den Fans bedeutete das: Eine Nacht im Schlafsack vor den Vorverkaufsstellen in der Einkaufspassage am Potsdamer Platz zu verbringen. Zwischen vier und 15 Euro kosten die Karten in diesem Jahr. Es ist die vorletzte Berlinale für Festival-Chef Dieter Kosslick, über dessen Nachfolge bereits heftig diskutiert wird. Eröffnet wird die Veranstaltung am Donnerstag mit dem Film „Isle of Dogs – Ataris Reise“. Danach folgen weitere 384 Filme. Jury-Präsident ist in diesem Jahr der Berliner Regisseur Tom Tykwer, den goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk erhält der US-Schauspieler Willem Dafoe. Auch Hamburger Regisseure haben einige Eisen im Feuer.

Der Eröffnungsfilm kommt von einem altbekannten Amerikaner. Wes Anderson hatte mit „Grand Budapest Hotel“ bereits 2014 den Reigen der Filme in der Bundeshauptstadt eröffnet. Auch seine Werke „Die Royal Tenenbaums“ und „Die Tiefseetaucher“ liefen dort im Wettbewerb. Nun kommt er mit einem Animationsfilm zurück – für die Eröffnung ist das eine Premiere. Da Anderson eigentlich keine Darsteller auf dem roten Teppich präsentieren kann, sind die Stimmen der Figuren am Start. Möglicherweise kommen also Stars wie Frances McDormand, Jeff Goldblum, Scarlett Johansson, Tilda Swinton, Greta Gerwig, F. Murray Abraham, Harvey Keitel und Yoko Ono zur Eröffnung.

Umstritten: Berlinale-Chef Dieter Kosslik
Umstritten: Berlinale-Chef Dieter Kosslik © picture alliance / abaca | dpa Picture-Alliance / AA/ABACA

Berlinale gilt als größtes Publikumsfestival

Glamour ist ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Popularität der Berlinale, die als weltweit größtes Publikumsfestival gilt. Regelmäßig bilden sich Menschentrauben von Autogrammjägern am Hintereingang des Hotels, an dem die Prominenz aus den Limousinen aussteigt, um Pressekonfe- renzen zu geben. Ein besonderes Festival dürfte es auch für Kosslick werden, der zum vorletzten Mal die Stars begrüßen wird. Seit 17 Jahren leitet er Deutschlands einziges A-Festival. Im November unterzeichneten 79 namhafte Filmemacher einen Brief, in dem sie Erneuerungen forderten. Kosslick reagierte „stinksauer“, eine Kommission unter Leitung von Kulturstaatsministerin Monika Grütters berät zurzeit über mögliche Nachfolgekandidaten für den Berlinale-Chef und ehemaligen Leiter der Hamburger Filmförderung.

Seine Nachnachfolgerin Maria Köpf kann sich über 18 von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein mitfinanzierte Berlinale-Beiträge freuen. „Das ist ein Super-Jahrgang. Ich bin ­total glücklich. Wir sind überall gut ­vertreten“, sagt Köpf. In der renommiertesten Reihe, dem Wettbewerb, läuft „3 Tage in Quiberon“. Der Film von Emily Atef beruht auf einer wahren Begebenheit, einem Interview, das Romy Schneider 1981 dem „Stern“-Journalisten Michael Jürgs gab. Ein ganz besonderer Film ist das natürlich auch für Marie Bäumer. Nicht nur, weil sie die Hauptrolle spielt, sondern weil sie im Laufe ihrer Karriere immer wieder mit Romy Schneider verglichen worden ist.

Filmfans warten vor den Kassen für den Berlinale-Ticketverkauf in Berlin
Filmfans warten vor den Kassen für den Berlinale-Ticketverkauf in Berlin © dpa | Rainer Jensen

Regiedebüt von Julian Pörksen

In der Reihe „Perspektive Deutsches Kino“ wird das Regiedebüt von Julian Pörksen zu sehen sein. „What­ever Happens Next“ ist eine deutsch-polnische Koproduktion. Der Regisseur hat bisher überwiegend am Theater gearbeitet und das Sachbuch „Verschwende deine Zeit“ geschrieben, dessen Philosophie der Film folgt. Zum Inhalt sagt der Hamburger Produzent Stefan Gieren: „Es geht in diesem Ensemblefilm um einen Typen, der aussteigt und sich treiben lässt. Wir folgen dabei einer Dramaturgie des Absichtslosen.“ Vor der Kamera stehen Theaterschauspieler wie Sebastian Rudolph, Hanns Zischler und Eva Löbau. Gedreht wurde der Film unter anderem mithilfe von zehn Rockern auch an einer Autobahnraststätte.

Burghart Klaußner spielt einen DDR-Volksbildungsminister

„Das schweigende Klassenzimmer“ von Lars Kraume spielt zur Zeit des Ungarn-Aufstandes 1956 in der DDR. Schüler halten in ihren Unterrichtsstunden eine solidarische Schweigeminute für die Opfer des Aufstandes ab. Die Autoritäten, darunter der von Burghart Klaußner gespielte Volksbildungsminister, fühlen sich herausgefordert. Die Musik für diesen Film, wie auch für „3 Tage in Quiberon“, kommt vom Hamburger Komponisten-Duo Kaiser Maas.

Der ebenfalls von der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein geförderte Kinderfilm „Mein Freund, die Giraffe“ von Barbara Bredero läuft in der Reihe Generation Kplus. In Holland ist die deutsch-niederländische Koproduktion bereits gestartet und war dort der erfolgreichste Film 2017. Im Panorama wird Rosa Hannah Zieglers Dokumentarfilm „Familienleben“ zu sehen sein, in dem sie Menschen am Rande der Gesellschaft zeigt, die von einer besseren Zukunft träumen. Im Forum läuft Gerd Kroskes Dokumentarfilm „SPK Komplex“. Er schildert die umstrittenen Therapiemethoden und politischen Forderungen des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK). Das SPK stand im Ruf, die RAF unterstützt zu haben. Auch im Panorama zeigt Luise Donschen ­„Casanovagen“, in dem es um das weibliche Begehren geht. Dafür hat die ehemalige Assistentin von Wim Wenders sogar John Malkovich vor die Kamera bekommen – in der Garderobe der Elbphilharmonie.