Kabarettist Henning Venske hat mit „Das war’s! War’s das?“ Premiere im Lustspielhaus. Im Herbst hört er auf.
Er lag im Bett und las. Aus seinem Tagebuch. Als Bewohner eines Heimes der „Grobian AG“ hatte Henning Venske im Dezember in „Die Anstalt“ (ZDF) einen seiner eher seltenen TV-Auftritte. Thema der tiefgründigsten Satire-Sendung im deutschen Fernsehen waren der Pflegenotstand und der Wert der Alten in unserer Gesellschaft. Zwischen „Anstalts“-Co-Chef Max Uthoff, in dieser Szene sein Sohn, und Comedystar Carolin Kebekus als Altenpflegerin unter Zeitdruck sagte Venske Sätze wie „Ich darf mir hier für die Sicherung des Standorts Deutschland den Hintern wund liegen“ oder: „Ich bin jetzt 78, ich werde hier nicht gepflegt, ich werde bekämpft.“
Sein Alter entspricht ebenso der Realität wie der Fakt, dass sein geplantes politisches Solo über Nacht aus der beklemmenden ZDF-Live-Sendung gestrichen wurde – aus Zeitgründen, wie es hieß. Wie so oft im Fernsehen.
Umso mehr wird der Hamburger Kabarettist, Schauspieler und Autor seine Textpassagen betonen, wenn er vom heutigen Dienstag an zum satirischen Jahresrückblick in Alma Hoppes Lustspielhaus bittet. „Das war’s! War’s das?“, fragt sich Venske nach 21 Jahren zum letzten Mal im Eppendorfer Theater. Bereits vor einem Jahr hatte er gegenüber dem Abendblatt angekündigt, 2018 seine Laufbahn beenden zu wollen. Zwar hört Venske erst mit der Tournee und dem Programm „Summa Summarum“, das er im April und November ebenfalls im Lustspielhaus spielen wird, endgültig auf. Die „alljährliche satirische Essigfabrik“, wie Venske seine gnadenlose, literarisch und philosophisch fundierte Mischung aus Einkehr, Rückblick und Ausschau hält, schließt aber in diesem Januar.
„Es wird überschätzt, was die Politiker uns an Stoff bieten“, sagt Venske. „Es sind überwiegend noch immer dieselben Charaktere, die dafür in Deutschland stehen“, denkt er an die Bildung der Großen Koalition im Jahr 2005 und an das, was demnächst mutmaßlich doch wieder in Berlin folgt. Für die Satiriker seien im Laufe von mehr als 2000 Jahren nur zwei neue Themen dazugekommen: „Die Atomenergie, mit der sich die Menschheit selbst auslöschen kann, und die Digitalisierung.“ Krieg und Frieden, Armut und Reichtum, Krankheit und Gesundheit, jene Felder gab es schon immer.
Auch in dem „braunen Bodensatz“ sieht Venske hierzulande nichts Neues. Verweist auf die NPD in den 60er-Jahren, den früheren NS-Marinerichter und CDU-Ministerpräsidenten Baden-Württembergs Hans Filbinger, Republikaner und DVU. Die neue Bundestags-Partei AfD hatte Venske schon vor einem Jahr „Adolfs fiese Dumpfbacken“ getauft. Gegen die weiter mit Pointen streiten? „Da sollen Jüngere ran“, meint er. Und so wird die Lästerzunge nur noch bei diesem Jahresrückblick in der bewährten Rubrik die „Lallbacke des Jahres“ küren. Den Vorjahresgewinner, Altbundespräsident Joachim Gauck, hat der Altmeister der Politsatire immerhin überdauert.
Und so freut sich Venske – das klingt sogar beim „gelernten Misanthropen“ durch – auf die beiden letzten Programme mit seinem langjährigen musikalischen Zuarbeiter und Watschenmann Frank Grischek (Akkordeon), der einst als „Altenpfleger auf Ein-Euro-Basis“ oder auch als Flüchtling herhalten musste. „Er wird etwas besser behandelt als sonst“, sagt Venske – mit dem Anflug eines Lächelns.
„Das war’s! War’s das?“ Premiere Di 2.1., bis Sa 13.1., jeweils 20.00, So 7.1., 19.00 (außer 8.1.), Lustspielhaus (U Hudtwalckerstr.), Ludolfstr. 53, Karten zu 10,- (erm.) bis 27,-: T. 55 56 55 56; www.almahoppe.de