Hamburg. Er machte seine Verletzung am Bein zum Teil der Show und hielt immerhin 75 Minuten durch. Die Fans in der Sporthalle waren begeistert.

Marilyn Manson hat Humor. „The End“ von The Doors leitet seinen Deutschlandtour-Auftakt am Donnerstagabend in Hamburg ein. Ein bisschen Endzeitstimmung scheint angebracht, denn das Schicksal hat dem Schockrocker in den vergangenen Monaten übel mitgespielt. Im Juli starb sein geliebter Vater, weshalb sich auch die Veröffentlichung seines zehnten Studioalbums „Heaven Upside Down“ auf den Herbst verschob. Während der laufenden Tour sah Manson sich gezwungen, seinen langjährigen Bassisten Twiggy Ramirez zu feuern, nachdem dessen Ex-Freundin Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn erhoben hatte.

Und dann war da noch der Unfall, den der Musiker Ende September während eines Auftritts in New York City erlitten hatte, als Teile der Bühnendekoration auf ihn gefallen waren. Die Übeltäter - zwei übergroße Pistolen - stehen bei Mansons Konzert in der Alsterdorfer Sporthalle in sicherer Distanz zu ihm am hinteren Bühnenrand. Der Sänger und Schauspieler eröffnet sein Konzert festgeschnallt auf einer Art hydraulischem Thron. Auf Knopfdruck kann er diesen nach oben ausfahren, um zu stehen. Denn: Manson kann sich als Folge des Unfalls nur bedingt bewegen; sein gebrochenes linkes Bein ist ummantelt von einem Stützstiefel.

Bühne wird zur Krankenstation

Rasch verwandelt sich die Bühne in eine Krankenstation, auf der Roadies in grünen Kitteln den Patienten Manson auf Liegen herumfahren oder ihn stützend zum Mikrofon geleiten und so selbst Teil der Show werden. Die Einschränkungen seines Bewegungsapparats halten das Enfant terrible der US-Rockszene jedoch nicht davon ab, ein druckvolles Konzert zu spielen - ganz anders als noch Anfang August beim Wacken Open Air, wo er völlig neben der Spur lag. Schon mit dem zweiten Stück „This Is The New Shit“ schreit Manson sich gezielt den Frust von der Seele.

Auch bei den neuen Liedern „We Know Where You Fucking Live“, „Say10“ und „Kill4Me“ klingt er ziemlich wütend. Nachdem ihn einige Kritiker schon abgeschrieben hatten, umweht Manson nun endlich wieder ein Hauch von Gefährlichkeit. Mit den Videos zu letzteren beiden Stücken sorgte er unlängst sogar für Mini-Skandälchen: In den Clips sieht man ihn und seinen Hollywood-Kumpel Johnny Depp Drogen- und Sexorgien feiern. Aber das waren schon immer Lieblingsmotive für seine Songs - bereits 1998 bei „The Dope Show“, für das er sich an diesem Abend als schwarzer Rabe im Federgewand inszeniert.

Kurze und heftige 75 Minuten dauert sein Konzert. Die etwa 5500 Fans feiern den 48-Jährigen wie eine Gottheit. Es läuft derzeit eben doch nicht alles schlecht für Marilyn Manson.