Hamburg.
Am Ende schneit es dicke Flocken. Nicht gerade das, was man mit Australien verbindet. Aber Angus und Julia Stone haben ihr viertes Album „Snow“ betitelt, und zum dazugehörigen Song lassen sie es kräftig von der Decke der Sporthalle schneien. „Snow“ steht als letztes Stück vor den drei Zugaben auf der Set-Liste und ist ein Kontrapunkt zu den anderen Nummern des fast zweistündigen Auftritts. Die australischen Geschwister und ihre Band hatten zuvor zahlreiche unbeschwerte Kompositionen gespielt, zu denen hippieske Projektionen im Hintergrund der Bühne auf einer riesigen Leinwand flimmerten. In diesen fluffigen Liedern steckt eine Menge Sommer und Meeresbrandung, an Schnee und Winter denkt bei Auftritten des Duos aus Sydney eigentlich niemand. Was viele Konzertbesucher nicht wissen: In den 2000 Meter hohen Snowy Mountains im Südwesten Australiens ist Skilaufen tatsächlich möglich.
Wer Konzerte von Angus und Julia Stone besucht, erwartet einen Abend mit zauberhaften Pop-Folk-Songs, und den bekommen die etwa 4000 Zuhörer. Der Anteil der weiblichen Zuschauer ist hoch, viele Freundinnen zwischen 20 und 30 haben sich aufgemacht, um die Australier bei ihrem bisher größten Konzert in Hamburg zu erleben. Die Sporthalle ist allerdings nicht der ideale Ort für diese vertonten Träumereien. Im Sitzen würden sie sich besser goutieren lassen als in der dicht gedrängten Menge, die vor der Bühne steht. Der Begeisterung tut das jedoch keinen Abbruch.
Live haben die neuen Nummern durch den Beat des Schlagzeugers etwas mehr Druck als auf Platte. „Chateau“, „Bloodhound“ und „Who Do You Think You Are“ kommen sogar ausgesprochen rockig daher. Für die Auftritte in Deutschland hat Julia Stone extra einen deutschen Song ins Repertoire genommen. „Durch die schweren Zeiten“, im Original von Udo Lindenberg, singt sie zwar nur phonetisch, weil sie nur wenig Deutsch spricht, doch sie trifft das Gefühl von Lindenbergs melancholischem Lied ziemlich genau. Sehr gut gelingt den sechs Musikern auch eine Coverversion von Neil Youngs „Harvest Moon“, weil sie den Folksong in ein schepperndes psychedelisches Gewand stecken. Reizvoll ist an diesem Konzertabend auch der Gegensatz zwischen Julia Stones glockenheller Girlie-Stimme und dem dunklen Organ ihres bärtigen Bruders.
Der Auftritt in Hamburg war der letzte der Europa-Tournee. Weiter geht es für Angus & Julia Stone in Nordamerika, bevor sie im Dezember nach Byron Bay zurückkehren. Dort herrscht dann sommerliche Gluthitze; Schnee werden sie nicht mal in den Australischen Alpen finden.