Hamburg. Reinhold Beckmann ist eine Nahaufnahme gelungen – auch von Peter Harry Carstensen
Der Abschied aus der Spitzenpolitik bedeutet zugleich ein Verzicht auf die Annehmlichkeiten der Macht. „Früher suchte ich die Krawatten aus, jetzt suche ich einen Parkplatz“ sagt Peter Harry Carstensen, bis 2012 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein.
Der TV-Journalist Reinhold Beckmann hat drei Politiker bei ihrem Abschied aus dem Zentrum der Macht begleitet, neben Carstensen auch Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen) und Jan van Aken (Die Linke), beide schieden am Ende der vergangenen Legislaturperiode aus dem Bundestag aus.
Viele Filme über Politiker langweilen, da Heerscharen von Beratern alles daran setzen, dass ihr Klient ja wahlkompatibel wirkt. Wer sich dagegen von der Macht verabschiedet, braucht keine PR-Experten mehr. Auch deshalb sind Beckmann echte Nahaufnahmen gelungen, die mitunter tief berühren. Etwa, wenn Carstensen von seiner ersten Frau Maria erzählt, die 1998 ihren langen Kampf gegen den Krebs verlor: „Am Tag bevor sie starb, habe ich sie noch einmal aus dem Bett gehoben und wir haben in der Küche getanzt.“
Marieluise Beck, Grüne der ersten Stunde beim Einzug der Öko-Partei 1983, spricht über ihre tiefen Wunden bei den innerparteilichen Kämpfen gegen die Alphatiere Joschka Fischer und Otto Schily. Vieles habe sie verletzt. Dann sagt sie: „Politik machen, heißt den Reißverschluss zumachen gegen die Angriffe.“ Zumal sie zunächst in Bonn, später in Berlin, das Heimweh quälte, die Sehnsucht nach ihren Kindern.
Jan van Aken nutzt seinen letzten großen Auftritt als Bundespolitiker der Linken zu einer Generalabrechnung mit dem politischen Establishment in Berlin. Angesichts des Debattenniveaus tue ihm der Abschied aus dem Bundestag nicht wirklich weh: „Die Leute lesen schlechte Sprechzettel auch noch schlecht vor. Ich schäme mich richtig dafür.“
Peter Harry Carstensen gibt dagegen offen zu, dass er mit seiner Standard-Antwort „Alles kein Problem“ auf die Frage, ob er das Amt denn vermisse, geflunkert habe. In Wahrheit sei die Umstellung schmerzhaft gewesen. Früher, sagt er, habe es immer jemanden gegeben, der sich gekümmert habe, ob um seine Termine oder um seine Reden. Jetzt müsse er alles selbst machen. Gleichwohl habe die neue Rolle als Landesvater a. D. Vorteile, die Leute würden ihn noch mehr schätzen: „Früher musste ich auch Sparhaushalte verkünden, das hat viele nicht erfreut.“
„Am Ende der Macht“. Montag, 22 Uhr, NDR