Hamburg. Der Bassbariton beeindruckte im Großen Saal der Laeiszhalle mit vokaler Virtuosität

Anfang 2012 zog Thomas Quasthoff einen Schlussstrich und beendete seine Gesangskarriere. Eigentlich. Die Stimme wollte nicht mehr, so schien es jedenfalls. Fünf Jahre später ist er doch wieder auf Tournee, und der kernige Bassbaritonsound hat nichts von seiner Wärme eingebüßt. Vielleicht klingt das Timbre heute etwas rauer als früher – aber das passt schließlich ganz gut zum Jazzprogramm, das Quasthoff jetzt auch in die Laeiszhalle führte.

Gemeinsam mit dem Pianisten Frank Chastenier, dem Bassisten Dieter Ilg und dem Schlagzeuger Wolfgang Haffner präsentierte er Arrangements von Klassikern wie „Fly Me To The Moon“ bis zu Cy Colemans „Witchcraft“ und beeindruckte mit seiner Wandlungsfähigkeit und vokalen Virtuosität. Im Vorspiel zu Stevie Wonders „For ­Once In My Life“ überraschte Quasthoff mit einer knackigen Beatboxeinlage; den Beginn der Ballade „You Are So Beautiful“ raunte er reibeisenzart, um am Ende bis in die Kontraoktave abzutauchen, wo einem die Vibrationen so schön die Eingeweide massieren.

Bei solchen Effekten hilft die elek­tronische Verstärkung natürlich, wie der Sänger in seiner Moderation freimütig einräumte. Er weiß genau, wann er wie nahe ans Mikrofon ranmuss, damit die Stimme so rüberkommt, wie sie soll. Da zahlt sich seine lange Erfahrung mit Musikstilen abseits der Klassik aus.

Wenn Quasthoff die Töne zieht und anschleift, wenn er die Noten bluesmäßig nachschwingen lässt, dann wirkt das bei ihm nie wie aufgepimpte Klassik, sondern ganz authentisch, wie echter, richtig guter Jazz. Die Stücke entfalten einen hypnotischen Sog, gerade in der zweiten Hälfte, wo der Sänger noch freier groovte und improvisierte. Auch dank seiner Musizierpartner – alle drei ziemlich beste Freunde von Quasthoff –, die mehr sind als eine hervorragende Begleitcombo. Wolfgang Haffner streichelte die Snare mit dem perfekt getimten Besenstrich eines Spitzendrummers, Dieter Ilg zupfte seinem Kontrabass Knoten in die Saiten, und der Pianist Frank Chastenier – vom Mischpult etwas zu stark in den Vordergrund gerückt – würzte die Arrangements mit dichten, chromatisch geschärften Akkorden. So wie in der herzerweichenden Version von John Lennons „Imagine“, die ebenso zu den Höhepunkten gehörte wie ein fulminantes A-cappella-Solo von Quasthoff in bester Bobby-McFerrin-Manier.

Zum Abschluss sang er eine verjazzte Fassung von Brahms’ Schlaflied „Guten Abend, gut’ Nacht“, nur vom Klavier begleitet und ganz ohne Verstärkung. Balsam für Ohren und Seele, wie der ganze Abend.