Hamburg. Das Elbphilharmonie-Festival „Maximal minimal“ ist eröffnet

Einfacher geht es nicht, komplexer auch nicht. Fünf Men in Black, jeder mit unterschiedlich klingenden Klangstäben. Ein Rhythmus, der sich aus dem denkbar einfachsten Grundpuls heraus ausspreizt, auffächert, verdichtet, immer komplexer wird und metrisch undurchschaubar, bis er sanft in sich zusammenfällt und an seinen Ausgangspunkt zurückkehrt. Mit der hypnotischen „Music for Pieces of Wood“ begann das erste Konzert des Steve-Reich-Festivals im Großen Saal. Die britische Colin Currie Group füllte dort zwei Stunden mit Rhythmusklängen, die total mechanisch sind und dennoch ein Eigenleben führen.

Eine Glaubensgemeinschaft hochkonzentrierter Spitzen-Klöppler spulte diese Feinmotorik aus Tönen ab, künstlergewordene Metronome mit manisch treffsicherem Groove, die weltweit auf Reich-Aufführungen abonniert sind. Wer glaubt, Reichs Percussion-Etüden sind mit dem Rechenschieber konstruiert und kalt im Herzen, irrt, das zeigte diese Präzisionsarbeit.

Gut eine Stunde zuvor, im Kleinen Saal, hatte das junge Vision String Quartet die dreitägige Elbphilharmonie-Gratulation an einen der Altmeister der Minimal Music mit „Different Trains“ sehr überzeugend eröffnet, mit dieser in jedem Sinn des Wortes bewegenden Mahnung auch zur Toleranz: Vier verstärkte Streicher- und einige Erzählstimmen vom Band, in Loops sich selbst kopierend und vorantreibend. Erinnerungen nicht nur an Reichs eigene Jugend klingen da mit, sondern auch an den Zweiten Weltkrieg, den Holocaust, die eigene Identität, die immer wieder durchbrechen, bis sie enden und das Leben weitergeht, trotz allem, wegen allem.

Wenig später im Großen Saal folgte nach dem „Sextet“, einer klangflächigen Fingerübung, mit „Drumming“ ein weiterer Reich-Klassiker. Bis zu zwölf Interpreten, die auf Bongos, auf Marimba- und Xylofonen als Zentrifuge für musikalische Elementarteilchen spielten und spielten und spielten und dann noch etwas länger spielten. Eine unglaubliche Konzentrationsleistung, dieses Flirren zwischen Rhythmus und Tonhöhen ohne Noten in der Bahn zu halten. Eine buchstäblich, sprichwörtlich reichhaltige Erfahrung.