Hamburg. Die Hamburger Liedermacherin über ihr neues Album, schönes Scheitern und das neue Stipendium in der Villa Massimo.

Bei Interviews wird gern ein (lacht) eingefügt, wenn der ­Gesprächspartner tatsächlich mal kurz kichert. Aber bei dieser Begegnung mit der Hamburger Chanteuse und Pianistin Anna Depenbusch in einem Café am Schlump lassen wir es. Es würde zu viel Platz kosten, also denken Sie sich einfach hinter jedem ihrer Sätze ein (lacht). Denn sie strahlt die ganze Zeit, wenn sie über ihr neues Album „Das Alphabet der Anna Depenbusch“ spricht. Nicht einmal die Frage, was ihre Musik von Schlager unterscheidet, bringt sie aus ihrem Konzept der entwaffnenden Offenheit.

Frau Depenbusch, sind Sie, um aus den Texten Ihres neuen ­Albums zu zitieren, eigentlich ein „naiv-romantisches Hippie-Mädchen“ oder „Fräulein Fulltime, immer perfekt“?

Anna Depenbusch: Sehr schön aufgepasst. Sternchen! Ich bin auf jeden Fall beides, ja eigentlich bin ich alle Personen auf diesem Album. Träumerin, ­Romantikerin, Perfektionistin. Und naiv, das versuche ich mir krampfhaft zu ­bewahren. Offen auf Leute zugehen und schauen, was mir entgegenkommt.

Stichwort Offenheit: Stimmt es, dass Ihre Freundinnen nicht selten zurückhaltend im Gespräch sind, um nicht in einem Ihrer Lieder aufzutauchen?

"Bin ich das?"

Das kann gut sein. Meine Inspiration ist nun mal mein Leben und Lieben, mein ­Umfeld und der Alltag. Kürzlich kam eine Freundin und fragte: „Anna, in diesem Lied ,Kopf frei‘, bin ich das?“

Sie stapeln auf dem Album wieder Beziehungskisten. Einige sind heil, ­einige zerdellt, einige hinüber. Aber was schon bei älteren Songs auffiel: Alles ist schön. Selbst wenn es richtig scheiße ist, ist es schön. Es gibt keine blauen Augen, keine Schnapsglasränder auf Tischen, alles ist sauber, auch hinter den Wolken scheint immer die Sonne.

Also ich habe schon sehr traurige und melancholische Lieder. „Kommando Untergang“ damals oder jetzt „Liebe ­kaputt“ über eine tote Beziehung. Aber wer das tiefste Dunkel sucht, der findet das nicht bei mir.

"Ich mag es friedlich"

Sie sind hoffnungslos optimistisch. Aber nie bedrohlich oder dissonant.

Das stimmt, ich mag es versöhnlich und friedlich. Ich höre auch ungern ­Musik, in der mich Leute beschimpfen, das ist nicht mein Stil. Aber geben Sie mir noch ein paar Jahre, ich habe ja noch viel vor.

Wie weit sind Sie überhaupt entfernt vom Schlager?

Das Gute ist, dass ich das überhaupt nicht entscheiden muss. Aber ich habe meine Alben schon in der Schlagerabteilung gefunden, was auch seine Gründe haben wird. Vielleicht weil meine Lieder so hoffnungslos optimistisch sind, was man dem Schlager ja auch nachsagt. Ich bin kein Schlagerfreund, aber auch kein Schlagergegner, ich höre ganz andere Musik. Aber wenn jemand Helene Fischer und auch Anna Depenbusch hört, bin ich nicht beleidigt.

Nach dem poppigen Album „Sommer aus Papier“ klingt „Das Alphabet“ wieder wie „Die Mathematik“, nach Chanson und Walzer. Hatten Sie vielleicht völlig absurde Klangideen, die sie wieder verworfen haben?

Ja! Doch, doch! Es gab Ideen, die ich auch behalte, wer weiß, wofür ich die noch verwenden kann. Aber sie passten nicht in die Dramaturgie.

"Der Bass"

Die Bläser auf dem neuen Album klingen manchmal nach James Last ...

Ha! Wissen Sie, was nach James Last klingt? Der Bass!

Stimmt. Abgedämpft und hart angeschlagen, so wie bei Ladi Geisler. Ich glaube, der hat seinen ersten Bass einst James Last ­abgekauft.

Und für Bert Kaempfert gespielt. Aber Sie haben recht, beim Lied „Alphabet“ sollen die Bläser schön im Hintergrund den Teppich ausrollen, das hat schon was von James Last und Bert Kaempfert. Smooth.

Das beste Chanson auf dem Album ist „Frauen wie Sterne“. Eine fantastisch ­arrangierte, mitreißend bösartige und pointierte Bigamistenhymne. Ein akustischer Stalker. Er ist so perfekt, dass ich nicht mal eine Frage zu dem Lied habe.

Danke! Ich freue mich auch sehr, das Lied zuerst mit Band zu spielen und danach auf einer Solo-Tour alleine am Klavier, was ganz andere Facetten entlockt.

Bevorzugen Sie Auftritte mit Band oder spielen Sie lieber als Solistin?

Solo ist am spannendsten. Ich freue mich auf die Band. Aber ich bin dann ein bisschen weiter weg vom Publikum, das mehr zu schauen hat. Alleine auf der Bühne habe ich die Zuschauer völlig in der Hand. Da ist selbst eine Kunstpause der reinste Thriller.

Und kein Gitarrist daddelt herum oder stimmt die Saiten nach.

Genauso ist es.

Es heißt, sie treten im Mai ein Stipendium in Rom an. Was muss man sich denn darunter vorstellen?

Das Paradies! Die Villa Massimo ist eine seit über 100 Jahren bestehende deutsche Kultureinrichtung, ein Anwesen, wo sich Künstler, Schriftsteller, Architekten oder Musiker von der Muse küssen lassen und Projekte entwickeln. Ich habe mich vor zwei Jahren beworben, und es hat geklappt. Dort habe ich ein Atelier mit Klavier und werde mein nächstes Soloprogramm erarbeiten.

Ich schätze mal, dass Künstler aus dem Pop-Umfeld wie Sie dort eher selten zu Gast sind?

Ich glaube, ich bin sogar die Erste. Eigentlich ist das eher etwas für Zwölfton-Komponisten.

Anna Depenbusch: „Das Alphabet der Anna Depenbusch“ Album (Columbia) im Handel, Konzerte: Do 30.3., Thalia Theater (U/S Jungfernstieg), Alstertor, ausverkauft;
Sa 8.7., Lokschuppen der S-Bahn (S Ohlsdorf), Sommerkamp 31, Karten ab 19,- im Vorverkauf; www.annadepenbusch.de