Hamburg.
Auf Lena Odenthal aus Ludwigshafen, dienstälteste „Tatort“- Kommissarin des Landes, sind schon viele Abgesänge verfasst worden – mit Recht. Denn die Krimis des Südwest-Rundfunks erwiesen sich oft als zäh. Lena Odenthals psychische Krisen? Absehbar. Koppers Italien-Sehnsüchte? Nah am Klischee. Die Pedanterien der LKA-Ermittlerin Johanna Stern? Oft aufgesetzt. Aber diesmal ist es, als hätte jemand ein Fenster aufgestoßen: So frisch, so echt und unterhaltsam war das Ermittlerteam seit Jahren nicht. Dieser „Tatort“ zählt wahrscheinlich zu den besten, mit Sicherheit aber zu den ungewöhnlichsten des Jahres.
Dabei klingt die Handlung nach Konfektion: Ein Kollege nimmt Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) mit ins Mundart-Theater „Babbeldasch“. Während der Vorstellung wird Hauptdarstellerin und Theaterleiterin Sophie Fettèr (Malou Mott) tot hinter der Bühne gefunden. Ein Allergieschock – sie hat ein Croissant mit Mohn gegessen. War es ein Unfall oder wurde der Mohn in das Gebäck injiziert? Odenthal ermittelt.
Der Witz dieses „Tatorts“ liegt in der Inszenierung. Regie-Hoffnung Axel Ranisch (33) lässt die Schauspieler in seinen Filmen improvisieren. Das Drehbuch gibt keine Dialoge vor, sondern nur, was in den Szenen geschehen soll. Zudem wird chronologisch gedreht, deshalb kannte Ulrike Folkerts während des Drehs lange Zeit den Mörder nicht. Das Mundart-Theater des Krimis wurde zudem mit Fernseh-Laien besetzt. Das alles hätte furchtbar schiefgehen können – ist aber glänzend gelungen. Vor Stefan Sommers leicht verwackelter Handkamera erwachen Figuren, die man längst für erstarrt hielt, zu neuem Leben.
„Tatort: Babbeldasch“, So, 20.15 Uhr, ARD