Hamburg. Im Remake von „Vier gegen die Bank“ spielen Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Jan Josef Liefers und Bully Herbig.
Jahrzehntelang war Wolfgang Petersen„unser Mann in Hollywood“. Von Santa Monica aus inszenierte der gebürtige Ostfriese große amerikanische Filme wie „In the Line of Fire“, „Outbreak“ oder „Troja“. Vor seiner Kamera standen Stars: Clint Eastwood, Dustin Hoffman, George Clooney, John Malkovich. Vorher war Petersen in Deutschland im Fernsehen („Tatort: Reifeprüfung“) und Kino („Das Boot“, „Die unendliche Geschichte“) erfolgreich. Jetzt kam der 70-Jährige zurück in sein Geburtsland und führte Regie bei einer Krimikomödie, die er vor 40 Jahren schon einmal fürs Fernsehen inszeniert hat:„Vier gegen die Bank“. Dass ein Regisseur ein Remake seines eigenen Films – diesmal fürs Kino – macht, ist ungewöhnlich. Er befindet sich allerdings in bester Gesellschaft: der von Alfred Hitchcock und Michael Haneke.
Wollten Sie diesen Film nicht ursprünglich als Produzent betreuen?
Wolfgang Petersen: Ja, aber dann hat sich auf ganz merkwürdige Weise diese sensationelle Besetzung ergeben.
Was ist geschehen?
Petersen: Til Schweiger sollte ursprünglich die Hauptrolle spielen. So haben wir das lange Zeit entwickelt. Dann kam Bully Herbig zu Besuch nach Los Angeles. Wir haben über unsere Projekte gesprochen. Ich habe ihm von „Vier gegen die Bank“ erzählt und dass ich mal wieder in Deutschland arbeiten wollte. Er fand das interessant und fragte: „Wer soll denn da spielen?“ Als ich „Til Schweiger“ sagte, wurde er still und sagte etwas enttäuscht: „Dann ist die Sache wohl klar.“ Einige Tage später rief er mich aus Deutschland an. „Der Film heißt doch ,Vier gegen die Bank‘. Das bedeutet, da sind noch drei Plätze frei. Ich habe auch schon mit denen gesprochen.“ „Moment, mit wem?“, war meine Antwort. Er sagte: „Mit Til Schweiger, Matthias Schweighöfer, Jan Josef Liefers und mit mir selbst. Wir vier würden so gern diese Rollen spielen, auch weil wir noch nie zusammen in einem Film waren. Natürlich unter einer Bedingung: Du musst rüberkommen und Regie führen.“ Es war ein Deal, der von allen Seiten sehr geschätzt wurde. Dann ging alles blitzschnell.
Die Hauptdarsteller haben fast alle auch Regieerfahrung und nicht zu kleine Egos. Mussten Sie als Dompteur tätig werden?
Petersen: Vorab las ich in der Presse von dieser Sorge. Aber es gab dann kein Primadonnengehabe, sondern war das genaue Gegenteil. Sie haben vielleicht auch gespürt, dass sie mir vertrauen können und dass es mir unheimlich wichtig war. Ich wollte mir beweisen, dass ich Kinokomödie kann, denn ich hatte das noch nie gemacht. Ich habe ihnen viel Freiheit gegeben, wie Rennpferden, die man einfach laufen lässt. Daraus hat sich eine Spiellaune ergeben, die ihnen wohl auch untereinander viel Spaß gemacht hat.
Sie hatten es diesmal mit einer neuen Schauspieler-Generation zu tun. Hat sich da in Deutschland viel verändert?
Petersen: Das Niveau der Schauspielerei in Deutschland ist sehr gut. Was mir vorher nicht klar war, ist der Standard der Filmcrews. Der ist absolute Weltklasse.
Wie war die Vorbereitung? Haben Sie einfach das alte Drehbuch aus dem Regal gezogen und überarbeitet?
Petersen: Die ursprüngliche Idee war es, den alten Stoff zu benutzen. Aber das ging nicht. Im alten Film ging es um vier Leute, die reich waren und entsprechend anspruchsvolle Damen hatten. Sie wollten eine Bank überfallen, um wieder reich zu sein. Das funktioniert heute nicht mehr. Die vier sind jetzt Leute, die auf einen Lebenstraum hin gespart und ihr Geld verloren haben, weil sie böse von der Bank hereingelegt worden sind.
Was hat dieser Film letztlich noch mit seinem Vorgänger zu tun?
Petersen: Es gibt vier Männer und eine Bank. Sonst ist nichts so geblieben, wie es war. Alles ist anders geworden. Das war für mich als Regisseur auch ganz schön.
Warum haben Sie sich für diese deutsche Geschichte einen amerikanischen Drehbuchautor gesucht?
Petersen: Das war eine Idee von Warner-Chef Willi Geike. Bei den Drehbuchautoren ist es hier noch ein bisschen dünn. Tripper Clancy hat ein gutes Drehbuch geschrieben, Lucy Astner, Barbara Huber und ich haben es dann eingedeutscht.
Können Sie sich erklären, wieso es hier in der Abteilung Drehbuch noch hapert?
Petersen: In den USA gibt es eine Renaissance des Qualitätsfernsehens. Wenn ein Medium so explodiert, gibt es plötzlich auch viel Arbeit für Autoren, weil viele Stoffe an sie herangetragen werden. In Deutschland hatdas Fernsehen dieses Niveau noch nicht erreicht. Und im Kino wird zu wenig gemacht, als dass Autoren dieses Level erreichen könnten.
Sie haben in den USA mit Riesenbudgets hantiert. Hat Sie die kürzere finanzielle Decke in diesem Film behindert?
Petersen: Wir haben viel in normalen Wohnungen und Häusern gedreht. In Amerika wird das fast alles gebaut. Nur zwei Schauplätze haben wir hier extra gebaut, weil es sonst zu eng geworden wäre. Das war natürlich etwas teurer. Aber wir sind unter Budget geblieben. Mein teuerster Film war „Troja“, der hat fast 200 Millionen Dollar gekostet (und 500 Millionen Dollar wieder eingespielt, d. Red.).
Sie haben zum ersten Mal mit einer Digitalkamera gedreht. Wie war das?
Petersen: Spannend. Vieles war positiv. Man braucht nicht so viel Licht und kann dadurch schneller arbeiten. Es musste auch nicht dauernd wegen Rollenwechseln gebremst werden. Ich konnte keine Nachteile feststellen.
Wie sind Sie von der Filmbranche bei Ihrer Rückkehr aufgenommen worden?
Petersen: Ich bin jemand, der sich vorbereitet. Das lernt man in Hollywood. Ich habe eine Vision von dem, was ich will. Daraus ergab sich ein hohes Drehtempo. Wir waren immer schnell fertig, oft zwei, drei Stunden vor dem angedachten Drehschluss. Damit habe ich mich nicht beliebt gemacht, hörte ich hinterher. Außerdem habe ich das Team mit der Elf-Uhr-Suppe bekannt gemacht.
Was bewirkt die?
Petersen: Ich hatte in den USA immer das Gefühl, wenn wir gegen sieben Uhr angefangen haben zu drehen, dass bei allen so gegen halb elf die Energie und das Adrenalin runtergegangen, sie in ein Hungerloch gefallen sind. Ich bin dann zu den Caterern gegangen und habe ihnen gesagt: Macht mal ein gute Suppe, die wir so gegen elf Uhr den Leuten anbieten können! Wir haben das dann gemacht und gegen elf Uhr diese Extra-Pause eingeführt. Das hat sich durchgesetzt. Viele Produktionen in Hollywood machen das jetzt so. Deshalb heißt sie auch die Wolfgang-Petersen-Suppe.
Vielen Amerikanern ist das Ergebnis der Präsidentschaftswahl auf den Magen geschlagen. Die Filmindustrie hatte sich vorab eindeutig gegen Donald Trump positioniert. Und nun?
Petersen: Es herrscht nach wie vor Panik. Man fragt sich: Wachen wir aus diesem Albtraum doch noch auf? Kein Mensch weiß bisher, was das jetzt im Einzelnen bedeutet, und ich glaube, er auch noch nicht. Wir haben es noch nie erlebt, dass jemand so wenig Ahnung zu haben scheint und nur wilde, populistische und demagogische Ideen verkündet. Jeden Tag gibt er skandalöse Äußerungen von sich, um immer wieder in den Schlagzeilen zu sein. Viele politische Profis, auch die Journalisten der führenden Zeitungen, sagen, wie müssen abwarten. Nehmen Sie nur die Spielerei mit China und Taiwan: Was soll das denn jetzt? Auch die Filmindustrie weiß überhaupt nicht, woran sie ist. Und auch ich kann nur sagen, dass ich total verwirrt bin.
„Vier gegen die Bank“ läuft ab 25.12. im Blankeneser, den Cinemaxx- und UCI-Kinos