Bremen. Der Tenor und das Ensemble L’Arpeggiata überzeugen mit Monteverdis „Orfeo“ beim Musikfest Bremen

Wie überbrückt man 400 Jahre? Mit Musik, na klar, Musik ist immer gegenwärtig. Zumal wenn sie so lebendig klingt wie Monteverdis „Orfeo“ aus dem Jahre 1607 in der Bremer Glocke. Barockposaunen und Zinken (das sind Vorläufer der Trompete, auch wenn sie ganz anders aussehen) bitten das Publikum mit einer Fanfare auf die Plätze, und schon befinden wir uns im Italien des 17. Jahrhunderts. Optisch braucht es dazu nur schwarz verhangene Wände und das Innere eines Renaissancepalasts an der Bühnenrückwand und sparsames, warmes Licht.

Die Titelrolle mit dem mexikanischen Tenor Rolando Villazón zu ­besetzen, ist eine kühne Entscheidung. Als Fachmann für Alte Musik hatte der sich bisher nicht hervorgetan. Während das junge Sängerensemble durch stilgerechte Linienführung und so virtuose wie beseelte Verzierungen ­besticht, ist Villazón einfach er selbst: ein intensiver Darsteller, manchmal an der Grenze zum Chargieren, musikalisch ungeheuer präsent und stimmlich nicht immer tadellos fokussiert. Die Mezzosopranistin Magdalena Kozená hat zwar als Messagiera nur eine Nummer zu singen, aber die gestaltet sie mit einer Dringlichkeit, dass kaum jemand im Saal zu atmen wagt.

Christina Pluhar, die Groove-Spezialistin der Originalklangszene, lässt die Musik atmen und innehalten, verbreitet Süße und Schrecken und bringt Monteverdis Klangfarben zum Leuchten. Und das alles mit einem bemerkenswert limitierten Gestenrepertoire: rauf, runter, Kreisbewegung zum Phrasenende, so ungefähr. Aber das ­Ensemble L’Arpeggiata ist ja Pluhars Gewächs, man kennt sich, die Bühne ist übersichtlich. Nur Monteverdis Rhythmen sind es nicht allezeit. Es ächzt schon mal im Gebälk seiner raffinierten Betonungsverschiebungen, gerade bei den Geigen.

Bis zum Ende ist’s vergessen. Anhaltender Jubel für eine beeindruckende Ensembleleistung.