Hamburg. Intendant Thomas Collien über die Grundsanierung des St. Pauli Theaters in Höhe von zwei Millionen Euro. Heute ist Wiedereröffnung

So eine lange Sommerpause wie in diesem Jahr hat das St. Pauli Theater in der Ära Collien noch nicht erlebt. Thomas Collien führt Hamburgs ältestes Privattheater, das 1841 eröffnet wurde und in jüngerer Vergangenheit mit leichten Sommerproduktionen durchgespielt hatte, bereits in dritter Generation, seit 2003 gemeinsam mit Ulrich Waller. Dennoch sagt Collien: „Mein Sommer ist leider ausgefallen.“ Grund war die überfällige Sanierung des Theaters. An diesem Montag nun wird das 175 Jahre alte Traditionshaus direkt neben der Davidwache mit einer Gala wiedereröffnet. Hamburgs Fernsehfranzose Alfons wird Kollegen wie Schauspielerin Eva Mattes – sie singt und rezitiert – oder den Kabarettisten Arnulf Rating sowie Überraschungsgäste anmoderieren, auch Auszüge aus Franz Wittenbrinks neuer ­Integrationsrevue „Willkommen – Ein deutscher Abend“ sind zu erleben Wie aber ergeht es Hausherr Thomas Collien, der auch noch eine Konzertagentur betreibt, und was kann das Publikum im neuen alten St. Pauli Theater erwarten?

Herr Collien, stehen Ihnen Schweißperlen auf der Stirn, weil Gäste der Gala am Montag womöglich noch den Staub der Bauarbeiten und den Geruch ­frischer Farbe einatmen müssen?

Thomas Collien: Schweißperlen nicht direkt, aber die Gala an diesem Montag ist von der Terminierung her schon sehr sportlich. Die letzten Wochen haben die Handwerker 24 Stunden sieben Tage lang durchgearbeitet. Alles wird noch nicht hundertprozentig fertig sein, aber so weit, dass wir alle einen schönen Abend erleben können. Und so ein bisschen Farbgeruch macht ja auch high, das hilft beim Hochgefühl.

Was können die Theaterbesucher nach der Gala erwarten? Wo gibt es die sichtbarsten Veränderungen im und am Haus?

Die sichtbarste Veränderung ist sicher der komplett sanierte Theatersaal, ­inklusive eines neuen Kronleuchters, den wir nach historischen Plänen nachgebaut haben.

Das St. Pauli Theater steht unter Denkmalschutz, insbesondere die Ausstattung im Saal mit den markanten Säulen. Welche Schwierigkeiten ergaben sich bei der Sanierung? Ist der alte Charme geblieben?

Das St. Pauli Theater hat nichts von seinem nostalgischen Charme eingebüßt, ganz im Gegenteil. Das Team um die Architektin Stephanie König hat mit dem Denkmalschutzamt der Kultur­behörde darauf geachtet, dass die alten Stilelemente noch mehr als bisher hervorgehoben werden. Alles ist noch schöner und auch bequemer geworden.

Indem Sie zwei Sitzreihen herausgenommen haben, hat sich zwar die Beinfreiheit vergrößert, aber die Kapazität des Saals sank um 50 Plätze. Wie wollen Sie damit verbundene Mindereinnahmen kompensieren – mit Preiserhöhungen?

Wir haben jetzt 550 Plätze. Durch die Reduzierung der Sitzreihen haben wir mehr Sitzkomfort geschaffen. Aber die schlechteren Plätze konnten wir auch in der Vergangenheit kaum verkaufen, ­insofern gibt es da kaum Mindereinnahmen. Und Preiserhöhungen wird es nicht geben.

Sind die veranschlagten Sanierungskosten von gut zwei Millionen Euro eigentlich im Rahmen geblieben?

Wie das oft so ist bei der Sanierung eines alten Hauses, fallen Kosten an, die nicht vorhersehbar waren. Ich selbst bringe 800.000 Euro auf. Das ist natürlich ein dicker Brocken. Das werde ich dennoch stemmen, da ich es mir zur Aufgabe gemacht habe, das Haus komplett zu sanieren. Dass diese Sanierung überhaupt vorgenommen werden konnte, haben wir vielen Unterstützern zu verdanken. Zuallererst der Kulturbehörde mit Senatorin Barbara Kisseler, „unseren“ Hamburger Abgeordneten in Berlin, Johannes Kahrs (SPD) und Rüdiger Kruse (CDU), die den Weg für eine umfangreiche Unterstützung des Bundes ermöglicht haben. Dann der Hamburgischen Bürgerschaft, die das von Stadtseite her ergänzt hat, insbesondere bei den kulturpolitischen Sprechern Isabella Vértes-Schütter (SPD) und René Gögge (Die Grünen). Hinzu kamen noch die Hermann Reemtsma Stiftung und Agnes Gräfe Stiftung. Da waren also viele Helfer am Werk! Aber Sesselpaten können wir auch noch gebrauchen.

Wie viel der Gesamtkosten hat die Bühnentechnik veranschlagt? Die Hinterbühne aus dem Jahr 1841 galt ja zuvor als geradezu museal …

Für Nostalgiker war der Hinterbühnenbereich schon fast ein Abenteuerspielplatz. Wir haben rund eine halbe Million Euro in die Sanierung dieses Bereiches investiert. Dabei war die Sicherheit und Funktionalität natürlich das oberste ­Gebot. Trotzdem wurde dabei die alte bauliche Substanz erhalten.

Ihr Partner Uli Waller hat vor der Grundsanierung gesagt, bisher sei das St. Pauli Theater „die absolute Holzklasse unter den Hamburger Theatern“. Und jetzt ?

Wir haben aus dem Ryanair-Standard jetzt zwar keine Business-Class, aber immerhin eine Premium Economy ­gemacht. Außerdem können wir uns mit einem vielseitigen, hervorragenden Bordprogramm hervortun und unsere Flugbegleiter der St. Pauli Air …

.... aber wohin geht die Reise jetzt künstlerisch? Bei welchen Produktionen wird die neue Bühnentechnik fürs Publikum besonders sicht- und hörbar werden?

Es geht gleich los mit dem neuen Stück von Franz Wittenbrink „Willkommen – Ein deutscher Abend“ bis hin zu „Große Freiheit Nr. 7“ im nächsten Juni mit Volker Lechtenbrink in der Rolle des Hannes Kröger, das wir nicht nur für St.-Pauli-Nostalgiker spielen werden. Das Publikum wird die technischen Neuerungen gar nicht so sehr registrieren, wir haben ja keine Drehbühne oder Ähnliches eingebaut. Bei den technischen Neuerungen ging es vor allem um Einrichtungen, die für unsere Techniker mehr Sicherheit und weniger Einsatz von „Muskelschmalz“ bedeuten.

Gala zur Eröffnung der Spielzeit Mo 5.9., 19.30, St. Pauli Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 29/30, Restkarten ab 27,70 unter T. 47 11 06 66; www.st-pauli-theater.de