Hamburg. Pianist und Dirigent András Schiff gab das letzte seiner zehn SHMF-Konzerte

András Schiff und Joseph Haydn sind Brüder im Geiste. Wenn das noch eines Beweises bedurft hätte, dann hätte der Pianist ihn mit der Zugabe zu seinem zehnten und letzten Konzert als Porträtkünstler des Schleswig-Holstein Musik Festivals erbracht. Schiff spielte sie in der Laeiszhalle mit der für Haydn so typischen Verbindung von heiterer Gelassenheit und Tiefsinnigkeit. Die Musik schien ihm einfach aus den Fingern zu tropfen, jeder Ton hatte einen Kern aus Silber und sein eigenes Gesicht. Keine überflüssige Bewegung, schon gar kein Showgehabe.

Auf der Schwelle von Beherrschung und Durchlässigkeit, auf der Kunst entsteht, wurde jede Winzigkeit zum Ereignis, sei es eine neue Farbnuance, ein kaum merkliches Innehalten vor einem Szenenwechsel oder eine kunstvoll unregelmäßige Verzierung.

Dass die Zugabe von Mozart stammte, Schiff spielte den ersten Satz aus dessen C-Dur-Klaviersonate, tat dem Befund keinen Abbruch. Mozart und Haydn waren einander „theure Freunde“, menschlich wie kompositorisch, womit das Festival das Konzert denn auch überschrieb (nur ohne „h“).

Hübsch beziehungsreich, das. Denn zum einen verschränkte das Programm Werke der beiden: Haydn war mit dem Klavierkonzert D-Dur und der Sinfonie „Die Uhr“ vertreten, Mozart mit dem A-Dur-Konzert KV 488 und der „Prager“ Sinfonie.

Und zum anderen kam Schiff mit einer Gruppe musikalischer Wegbegleiter, das legte zumindest mancher weiße Haarschopf im Tutti nah, und dann trägt die von Schiff gegründete Allstar-Combo gestandener Solisten und Kammermusiker – allerdings erst beim zweiten Hinsehen, weil italienisch – auch seinen Namen: Cappella Barca.

Der Streicherklang verriet, dass da kein ständiges Ensemble musizierte – und dass niemand auf Sicherheit spielte. Mochten die ersten Geigen auf den hochalpinen Presto-Pfaden hin und wieder straucheln, das machte ein berückend schöner Holzbläserklang wett – und wie kammermusikalisch aufmerksam das Orchester spielte, besonders wenn Schiff wegen Klavierspielens gerade mal nicht dirigieren konnte, entschädigte erst recht für jede kleine Panne.

Seltsam nur, dass bei aller ­Spielfreude und stilistischer Kompetenz gerade die klassische Balance, die an Schiffs Klavierspiel so ergreifend war, im Tutti manchmal überkontrolliert wirkte. Aber ein sprühender, hinreißend menschlicher Abend, das war es trotzdem.