Hamburg. Moderatorin Barbara Schöneberger und Chefredakteurin Brigitte Huber im Gespräch über die zwei Frauenmagazine von Gruner+Jahr.

Ein Bürozimmer im Verlag Gruner+Jahr am Baumwall. Nach ein paar Sätzen Small Talk (Wetter, Kaffeevorlieben) geht es gleich zur Sache. Barbara Schöneberger muss im Anschluss weiter zur Aufzeichnung der „NDR Talkshow“, am Abend fliegt sie nach Köln zur Geburtstagsfeier ihres Managers. Auf Brigitte Huber warten Chefjobs für zwei Frauenmagazine, die altbewährte ­„Brigitte“ und der Neuzugang „Barbara“, der sich bei Start rund 250.000-mal verkaufte. Die Redegeschwindigkeit ist hoch, es wird viel gelacht.

Frau Schöneberger, Frau Huber, waren Sie sich von der ersten Minute an sicher, dass Sie mit „Barbara“ Erfolg haben würden?

Barbara Schöneberger: Ich gebe mich nie mit Zukunftsperspektiven ab, weil ich nie weiter als zwei Wochen im ­Voraus plane.

Brigitte Huber: Wir im Verlag denken Schritt für Schritt. Erst mal versuchen wir ein tolles Heft zu machen, dann schauen wir, ob es auch beim Publikum ankommt. Inzwischen bin ich überzeugt, dass es „Barbara“ sehr lange geben wird.

Hinterher denken immer alle: „Die Idee lag doch auf der Hand.“ Aber was war der entscheidende Einfall im Fall von „Barbara“?

Huber: Es gibt rund 300 Frauenzeitschriften auf dem deutschen Markt. Sich von den anderen Magazinen abzuheben, ist extrem schwer. Mit „Barbara“ brechen wir mit der Selbstoptimierungsschleife, die Frauen suggeriert, sie müssten ständig etwas an sich verbessern. Wir wollen das Korsett lockerer machen. Diese Haltung vertritt niemand sympathischer und humorvoller als Barbara Schöneberger. In einer komplexen Welt mit 1000 unterschiedlichen Meinungen sind Menschen gefragt, mit denen man sofort etwas verbindet. Deshalb war die Idee unseres Verlags, Barbara zu fragen, richtig schlau. Und dass sie „ja“ gesagt hat, war noch schlauer.

Schöneberger: Ich habe ja die ganze Zeit darauf gewartet. Mein Management und ich haben zum damaligen Zeitpunkt gerade überlegt, was noch so geht außer der Moderation des Echos. Das Kreieren von eigenen Inhalten stand da im Fokus und unsere Idee fand bei Gruner + Jahr genau den richtigen Partner.

Welchen Fehler darf man bei seinen Leserinnen und Fans auf keinen Fall begehen?

Huber: Man darf sie auf keinen Fall unterschätzen. Dagegen sind Frauen allergisch. Wir setzen im Magazin bewusst nicht nur auf Leichtigkeit, sondern erzählen Geschichten mit Tiefgang. Dieser Spagat funktioniert. Gerade hat eine Marktforschung ergeben, dass die härteren Geschichten aus der Realität sehr gut bei den Leserinnen ankommen.

Schöneberger: Die Leserin merkt sofort, ob sich etwas authentisch anfühlt oder ob sich einer gedacht hat: „Ich mach’s mal so, wie es die Schöneberger tun würde.“ Authentizität ist schon immer der Schlüssel zum Erfolg gewesen, das ist beim Zeitschriftenmachen nicht anders als in der Unterhaltungsbranche.

In Hinblick auf Authentizität wurde zuletzt viel über Ihr Gewicht geredet, Frau Schöneberger. Tenor: Sie hätten zu stark abgenommen, um noch glaubwürdig zu sein. Verrückt oder nachvollziehbar?

Schöneberger: Ich habe zum ersten Mal am eigenen Leib erlebt, was die sogenannte Medienkeule mit einem machen kann – obwohl es in meinem Fall ja noch total harmlos war. Aber die Dinge verselbstständigen sich plötzlich. Erst schreibt ein Magazin: „Jetzt muss sie aufpassen, dass sie mit ihrer neuen Figur ihre Sympathie nicht verspielt“, und sofort schreiben 15 andere Hefte „Stimmt, sie ist wahnsinnig dünn.“ Okay, ich mache neuerdings Sport. Schlimm finde ich Sport übrigens auch weiterhin. Aber ich bin ja keine verhärmte Ziege, die plötzlich nichts mehr isst. Ich wollte halt einfach noch mal so aussehen wie vor der Geburt meiner Kinder. Was mit 42 Jahren ja auch mein gutes Recht ist.

Was anscheinend nicht jeder so sieht.

Schöneberger: Es wirkt offensichtlich beruhigend auf viele Menschen, wenn sie sagen können: „Die ist nett. Und ein bisschen dick.“ In diesem Zusammenhang kann ich versichern: „Ich bin immer noch ziemlich dick.“ Wenn ich auf dem roten Teppich stehe, habe ich immer eine Korsage an und ziehe doll den Bauch ein. Deshalb habe ich auch eine ziemlich gute Bauchmuskulatur.

Diät und Gewicht sind nach wie vor ein Riesenthema in Frauenzeitschriften?

Schöneberger: Gewicht ist immer und überall ein Thema. Gestern war ich bei Freunden zum Grillen eingeladen, da sagt ein Junge neben mir: „Ich esse nichts mehr, ich fahre nächste Woche nach Barcelona.“

Huber: Die Unterzeile von „Barbara“ ist zwar „Kein normales Frauenmagazin“, aber das wollten wir nie so interpretiert wissen, dass wir uns nicht um die Themen kümmern, die Frauen interessieren. Dazu gehören Mode, Rezepte und das ­Figurthema. Wir betrachten diese Dinge nur aus einem anderen Blickwinkel.

Das Schönste beim Zeitschriftenmachen?

Schöneberger: Bei den Fotoshootings können wir uns austoben, das ist immer großartig. Ich überlege auch immer ganz egoistisch: Wie verbringe ich meinen Tag mit diesem Heft? Da möchte ich natürlich möglichst viel Spaß haben. Aber es ist eben auch ziemlich viel Arbeit, ich bin mittlerweile eine Woche im Monat voll mit „Barbara“ beschäftigt.

Keine Angst, dass der Terminkalender übervoll wird?

Schöneberger: Ich arbeite einfach gern. Es ist nicht so, dass ich totale Nestflucht habe und nicht Zuhause sein will, im Gegenteil. Aber ich kann nur dann meine Freizeit genießen, wenn ich weiß, dass mein innerer Motor anschließend wieder mit Volldampf läuft. In meinem Job hat Arbeit immer zur Folge, dass ich sichtbar bin. Entweder auf Zeitschriften, im Fernsehen, in Werbespots. Ich habe übrigens im Laufe meiner Karriere einen totalen Wandel der Fans hingelegt: Früher habe ich auf der Straße jungen Männern Autogramme gegeben. Wenn heute ein Mann mit mir ein Foto machen will, nimmt er mich in den Arm und ruft: „Wenn das meine Mutter wüsste.“

Welche Arbeit sagt Ihnen denn weniger zu? Vielleicht Interviews geben?

Schöneberger: Ich liebe Interviews. Ich würde am liebsten jeden Tag ein Interview geben. Wenn man über sich selbst redet, wird man sich über so vieles klar. Aber natürlich muss ich aufpassen, denn ich stoße mit meiner eigenen Biografie ja auch irgendwann an meine Grenzen. Ich habe schließlich nicht mehr als die ­immergleiche Kindheit und Schulzeit, über die ich erzählen kann. Deshalb bin ich auch sehr froh über „Barbara“. Im Heft komme ich weg von meinen eigenen Inhalten – hin zu Inhalten, die ich mit prägen kann.

Huber: Wir wollten ein Heft machen, in dem Barbara als innere Idee dabei ist, aber tatsächlich nur einige Male auftaucht. Unser Anspruch war: Wenn ­jemand 15 Jahre in Neuseeland gelebt und den ganzen Hype um Barbara Schöneberger nicht mitbekommen hat, soll er dieses Magazin trotzdem klasse finden – vorausgesetzt, er hat eine ähnliche ­Humorschiene. Viele haben anfangs ­gedacht, wie machen eine Art Fanmagazin, in dem es Barbara Erziehungs- und Gartentipps gibt. Das ist natürlich die komplett falsche Richtung.

Wie und wo entstehen die besten Ideen für „Barbara“?

Schöneberger: Ich bin niemand, der joggen geht und dann Ideen hat. Ich kann am besten zusammen mit anderen Menschen Themen überlegen. Am besten dann, wenn sich schon jemand vor mir ein paar Gedanken gemacht hat. Ich hätte deutlich weniger Spaß, wenn mein Job immer vor dem weißen Blatt Papier ­beginnen würde.

Huber: Wir dagegen sind es gewohnt, dass wir keine leeren Blätter abgeben dürfen. Es ist unser Job, das weiße Papier mit Inhalt zu füllen.

Schöneberger: Ich habe totalen Horror vor leeren Blättern. Als ich langsam als Moderatorin bekannt wurde, haben mich einige Produktionsfirmen eingeladen und aufgefordert: „Denk dir doch mal aus, was du gern machen würdest. Einfach so, in die Tüte gesprochen.“ Grauenvoll. „Machen Sie mir fünf Vorschläge, dann kann ich mir etwas aussuchen“, hab ich geantwortet.

Befinden Sie sich manchmal in einer Zwickmühle, Frau Huber, weil eine „Barbara“-Geschichte auch der „Brigitte“ gut stünde?

Huber: Meistens ist von vornherein klar, in welches Heft eine Geschichte passt. Die Ausrichtung beider Magazine ist ja verschieden. Bei der „Barbara“ darf die Herangehensweise auch gern persönlich oder auch einseitig sein, bei der „Brigitte“ bemühen wir uns sehr um Ausgewogenheit. Ich finde es im Gegenteil sehr inspirierend, für zwei so tolle Hefte verantwortlich zu sein.

Sitzt die Entwicklungsabteilung von Gruner+Jahr bereits an einem weiteren Heft rund um eine Prominente?

Huber: Daran denken wir zurzeit überhaupt nicht. Der Erfolg des Heftes freut uns im Verlag schon. Aber wir sind gerade voll damit beschäftigt, das hohe Niveau des Magazins zu halten und suchen nicht nach einer zweiten „Barbara“. Ehrlich gesagt: Die zu finden wäre auch ganz schön schwer. „Barbara“ war die erste Wahl, und es gab keine zweite Wahl.

Schöneberger: Es ist ja nicht so, dass ich die Beste bin. Ich bin offenbar die Einzige. Das kenne ich aus der Unterhaltung. Ich moderiere so viel, weil es schlicht keine andere Frau gibt für den Job. Kai Pflaume kann ja auch nicht alles machen. Und da komme ich ins Spiel.