Hamburg. Vier Frauen aus Istanbul stellen bei der Kunst-Altonale in Hamburg aus. Zurzeit wohnen sie in Ottensen.
Ein Mobile aus dunklem verknittertem Papier hängt von der Decke, einen Raum weiter flackert eine Videoinstallation, im nächsten sind die Wände mit Fotocollagen gepflastert. Mittendrin: Vier junge Frauen, Künstlerinnen aus Maltepe, einem Stadtteil auf der asiatischen Seite Istanbuls.
Auf Einladung der Altonale sind sie nach Hamburg gekommen, leben bereits seit drei Wochen im Atelier des Künstlerhauses Frise in Ottensen, wo jetzt, kurz vor Ausstellungseröffnung, kreatives Chaos herrscht. Deoflaschen und Frühstücksreste stehen neben Farbtigeln und Pinselbündeln, auf einem großen Holztisch hat Ilsu Aslan viele kleine Bilder ausgelegt, die noch gehängt werden müssen. Häufig malt sie fast lebensgroße Familienporträts, für Hamburg hat sie reduziertere Formate gewählt.
Vier Frauen aus Istanbul, da liegen natürlich Fragen nach der politischen Situation in ihrer Heimat nahe, doch als das Gespräch auf das Verhältnis von Kunst und Politik kommt, besprechen sich Ilsu Aslan (25), Emel Gözde Becerikli (23), Ezgi Dilan Karatas (32) und Filiz Piyale (34) erst einmal eine Weile auf Türkisch, um dann gemeinsam zu erklären, dass ihre Arbeit nicht politisch sei.
Erste Ausstellung außerhalb der Türkei
„In Deutschland will jeder wissen, ob wir unsere Kunst in der Türkei frei ausüben können“, sagt Filiz Piyale. „Natürlich können wir das. Es gibt bei uns nicht nur viele Museen und Galerien, sondern auch eine alternative Kunstszene.“ Und Ilsu Aslan ergänzt: „Wir sind als Künstlerinnen eingeladen worden, nicht als Botschafterinnen der Türkei. Natürlich gibt es Probleme, aber viele davon sind globaler Natur.“
Zwar würden die Selbstmordattentate in Istanbul ihnen Angst machen, mit ihrer künstlerischen Arbeit habe das jedoch kaum zu tun. „Ich mache unter anderem Pflanzenkunst“, erzählt Emel Gözde Becerikli und zeigt auf dem Handy Bilder von kunstvoll drapierten Reagenzgläsern und Petrischalen, angefüllt mit Moosen, Blättern, Wurzeln. Schön sieht das aus, sehr ästhetisch, fast mystisch, aber ein direkter Bezug zur politischen Weltlage lässt sich in der Tat nicht herstellen.
Die vier Künstlerinnen studieren an der Yeditepe Universität, kannten sich aber vor dem Trip nach Hamburg teilweise nicht. Nun wohnen sie einen Monat lang zusammen, teilen nicht nur den Esstisch, sondern auch ihre Ideen. „Als ich ankam, habe ich mich von den leeren Galerieräumen inspirieren lassen“, sagt Filiz Piyale, die sich dann für ein großes Mobile entschied. Nun hofft sie, dass die Ausstrahlung ihrer beeindruckenden Konstruktion „stark genug“ für die doch recht große Räumlichkeit ist.
Viele Tage und Nächte haben die vier an ihren Arbeiten gesessen, Zeit für Trips durch Hamburg war kaum, doch das wollen sie nun nachholen, geht es doch erst in acht Tagen zurück in die Türkei. „Für mich ist es ein Traum, hier sein zu dürfen“, strahlt Ilsu Aslan. Wie die anderen stellt sie erstmals außerhalb der Türkei aus. Ein großer Schritt. Was machen da schon ein paar durchwachte Nächte zwischen Farben und Klebstoff.
Junge Kunst aus Maltepe bis 17.7., Di–So, 16.00–18.00, Künstlerhaus Frise, Arnoldstraße 26-30, Eintritt frei