Oslo. Jon Fosse ist vor allem durch seine Theaterstücke berühmt geworden. Nun hat er mit „Trilogie“ einen neuen Erzählband vorgelegt.

Es war still geworden um den Norweger, der zu Beginn der 2000er-Jahre einer der meistgespielten Dramatiker Europas und der bekannteste Autor seines Landes war. Jon Fosse hat zum dritten Mal geheiratet, ist zum Katholizismus konvertiert und nach Österreich gezogen. Etwas ausgelaugt vom Schreiben seiner Kammerspiele hat er sich jetzt wieder der Prosa zugewandt – wie zu Beginn seiner Karriere. Jon Fosse hat ein neues Buch veröffentlicht, den Erzählband „Trilogie“.

Mit diesem Buch hat der Autor im vergangenen Jahr den wichtigsten skandinavischen Literaturpreis gewonnen, den Preis des Nordischen Rates. „Trilogie“ erzählt von dem jungen Paar Asle und Alida. Sie bekommen ein Kind, haben kein Geld und keine Bleibe, klopfen an viele Türen und werden immer wieder abgewiesen.

Fosses Texte zu lesen, ähnelt dem Musikhören. Ähnlich wie in der Minimal Music bewegt er sich vorsichtig und mit vielen Wiederholungen. Manchmal hat man das Gefühl, er gehe dabei einen Schritt vor und zwei zurück. Aber dieser Erzählrhythmus entwickelt seine ganz eigene Faszination.

Theaterstücke zu schreiben, bereite ihm kein Vergnügen mehr, hat Fosse vor zwei Jahren gesagt. Seine Stücke, die auch im Schauspielhaus in Hamburg und im Thalia in der Gaußstraße auf dem Spielplan standen, haben ihn berühmt gemacht. Beim Schreiben seiner düsteren Dramen – sie sind übrigens in mehr als 40 Sprachen übersetzt worden – habe er eine enorme Disziplin aufbringen müssen, sagt er. Unterstützung dafür gab es durchaus: Die norwegische Königsfamilie hat ihm in Oslo eine offizielle Residenz beschafft. In einem Hotel der Hauptstadt gibt es sogar eine Jon-Fosse-Suite. Englische Buchmacher tippten ihn als Kandidaten für den Literatur-Nobelpreis.

Im Herbst wird Fosse 57 Jahre alt, In seinem Heimatland hat er etwa 50 Bücher und 30 Dramen veröffentlicht. Jetzt erfindet er sich gerade neu. „Ich hatte eine Pause von meiner eigenen Dichtung genommen.“ Er wirkt wie befreit. „Seit dem vergangenen Jahr schreibe ich ab dem frühen Morgen, ab etwa fünf Uhr. Der frühe Morgen und die Nacht sind die perfekten Zeiten, um zu arbeiten. Es ist dann sehr ruhig und irgendwie sauber.“

In „Trilogie“ geht es nun wieder einmal um Liebe, Einsamkeit und Tod. Fosse arbeitet sich gern an großen Themen ab, Verbrechen bringt er den Lesern sehr subtil nahe. Auch mit autobiografischen Verweisen spielt Fosse. Allerdings ungern, wie es scheint: „Das hätte ich nicht tun sollen. Dadurch wird die Geschichte ja nicht besser“, räumt er ein. Eigentlich verstößt er damit gegen seine eigenen Prinzipien: „Ich mag es nicht, wenn man in der Literatur privat wird.“

Das habe er auch dem Kollegen gesagt, den er einst unterrichtet und der ihn als bekanntester norwegischer Autor abgelöst hat: Karl Ove Knausgård. „Als Lehrer habe ich meinen Schülern beigebracht, dass man auf keinen Fall auf die eigenen Erfahrungen zurückgreifen sollte, wenn man schreibt. Man muss von einem Punkt null anfangen, um einem Text den nötigen Fluss, die nötige literarische Qualität zu geben. Sonst wird es nur dein privates Vergnügen. Das habe ich bestimmt auch Karl Ove erzählt.“

Knausgård beschreibt seine Ausbildung in der Akademie in Bergen bei seinem Lehrer Jon Fosse in seinem Roman „Träumen“, der zu seinem Opus magnum, einer sechsbändigen Autobiografie, gehört. Darin geht er schonungslos mit sich und seiner Umgebung um. Viele Verwandte und Bekannte hat er damit vergrätzt. Auch Fosse? „Für mich geht das in Ordnung. Meine Art zu schreiben und seine sind total gegensätzlich.“ Die gemeinsame Zeit sei mehr als 20 Jahre her. „Er hat genau das Gegenteil von dem getan, was ihm sein Lehrer gesagt hat. Er war also irgendwie auch ein guter Schüler.“

Lesetipps: Jon Fosse: „Trilogie“, Rowohlt,
205 Seiten, 19,95 Euro; „Die Nacht singt ihre Lieder“ und andere Stücke, Rowohlt, 301 Seiten, 12,99 Euro; „Ich bin der Wind“ und andere Stücke, Rowohlt,
302 Seiten, 12,99 Euro