Hamburg. Gerhard Polt und die Well-Brüder begeisterten als Quartett beim Hamburger Kabarettfestival im St. Pauli Theater

    Der TV-bekannte Hamburger Humorist und Grimme-Preisträger Olli Dittrich bezeichnet sich als „Menschendarsteller“. Gerhard Polt („Fast wia im richtigen Leben“) ist ein echter Menschenkenner und auch ohne Maske ein mindestens ebenso ­veritabler Schauspieler. Diejenigen, die den bayerischen Satiriker mit den kongenialen Brüdern Michael, Karl und Christoph Well beim 28. Hamburger Kabarettfestival im St. Pauli Theater erleben durften, wissen warum.

    Bei Polt reichen zwei verschränkte Arme vorm grauen Janker und eine stoische Miene, um sich ins tiefste Bayern zu versetzen. „Gehobene Unterhaltung mit humanitärem Bei­geschmack“ heißt das Programm. In „Hausen“, einem fiktiven und doch exemplarischen Ort, lässt Polt einen tief in die Seele des Spießbürgers blicken. Referiert als eine Art verbaler Oberbrandmeister über das 125. Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr, das ja „auch Kultur“ brauchte – mit Bierzelt. Und echauffiert sich über die TV-Reporterin, die nur berichtete, dass weniger Rollbraten verzehrt wurde, nicht aber 8127 Hendl, „ganze Hendl“.

    Polt gibt mit Mimik und erstaunlich wandelbarer Stimme immer neue Typen in diesem „Panoptikum Bavaricum“: Tritt als Opa von „Bubi“ auf, der doch in der Schule nichts über ­Geschichte lernen könne, weil „dort keiner einen Krieg mitgemacht hat“. Spielt mit Glas in der rechten Hand den Amigo-verwöhnten CSU-Landrat, der keine Geschenke annehmen darf, dann aber über dubiose Umwege doch eine Kiste „Champagninger“ erhält. Oder mimt bei „Radio 50/50“ mit Fistelstimme die gestörte Psycho-Tante und den (gekauften) kranken Gast gleich mit.

    Dazwischen immer wieder die Well-Brüder mit Tanzeinlagen, immer neuen Liedern und Instrumente wie etwa drei in den Zuschauerraum ragende Alphörner. Am Ende entpuppte sich der 74-jährige Polt sogar als Vortänzer und Vorsänger („E-mam-be-le!“) beim „Lied vom Schwarzen Kontinent“, und das Publikum feierte auch die zweite Zugabe begeistert. Ein denkwürdiger (Musik-)Kabarettabend und eine Gaudi mit politischem Hintersinn.

    Kabarettfestival (bis 29.5.): HA-Ticket-Hotline
    T. 30 30 98 98; www.st-pauli-theater.de