Hamburg. „Così fan tutte“ präsentiert sich in der Hamburger Kammeroper als feine, geschlossene Leistung
„So wie Felsen nicht wanken, so kennt auch mein Herz kein Schwanken!“ singt Fiordiligi im ersten Teil von Mozarts „Così fan tutte“. Da glauben sie und ihre Schwester Dorabella noch an die ewige Treue. Wie süß. Was wir von diesem Schwur halten können, zeigt die Aufführung im Allee Theater mit einem Bild, das den ganzen Abend prägt und begleitet. Der massige Felsen in der Mitte ist nämlich nicht so fest, wie es scheint, sondern wird zur Drehbühne, die für Bewegung sorgt und als Karussell des Lebens neue Konstellationen herbeikreist.
Auf die Beständigkeit sollte man also besser nicht wetten. Weil Guglielmo und Ferrando aber genau das tun, arrangiert ihr zynischer Kumpel Alfonso einen Inkognito-Partnertausch, um den Grünschnäbeln die Illusionen auszutreiben: Der Startschuss für eine Reihe amouröser Verwicklungen.
Der Regisseur Andreas Franz hat diese musikalische Paartherapie schon 1999 für die Hamburger Kammeroper inszeniert. Dort ist seine erfolgreiche „Così“-Produktion jetzt noch einmal in einer aufgepeppten Fassung als dritter Teil des aktuellen Da-Ponte-Zyklus zu erleben – und hat tatsächlich nichts von ihrer Frische eingebüßt. Franz und seine Text- und Textilchefin Barbara Hass ironisieren das zunächst reichlich püppchenhafte Frauenbild der Oper mit 50er-Jahre-Kostümen, als hätten sie schon bei Mozart „Mad Men“ vorhergesehen und setzen einige hübsche Ausstattungspointen: wenn sie etwa Guglielmo und Ferrando als Cowboy und Zorro maskiert zu den jungen Damen zurückkehren lassen und damit auch Männlichkeitsklischees auf die Gender-Schippe nehmen.
Die Inszenierung schafft eine fein austarierte Balance zwischen komischen, bisweilen auch klamaukig überspitzten Ideen auf der einen Seite – herrlich, wie dem armen Ferrando seine Spritze gegen Liebeskummer so fest in die Pobacke gerammt wird, dass sie Alfonso und Despina nur mit vereinten Kräften und übereinanderpurzelnd rausgezerrt kriegen – und ruhigem Innehalten auf der anderen. Dieses gekonnte Kippeln zwischen Witz und Melancholie entspricht der Ambivalenz des Stücks selbst, in dem Mozart spritzigen Humor und emotionale Tiefe auf geniale Weise zusammenbringt.
Das anrührende Abschiedsterzett „Weht leise, ihr Winde“ ist einer von vielen Momenten, in denen der Ensemblegeist des Allee Theaters besonders schön zutage tritt: Die Solistenriege präsentiert die Oper nicht als Wettbewerb der Einzelstimmen, sondern als darstellerisches und musikalisches Teamwork. Eine sehr geschlossene Leistung, die das Kammerorchester unter Leitung von Ettore Prandi einschließt. Ab und an ruckelt es in den schnellen Passagen zwar merklich – aber wenn die Herzen mächtig wanken, darf das Tempo ruhig schon mal ein bisschen mitschwanken.
Weitere Aufführungen im Allee Theater, Max-Brauer-Allee 76, bis 12.6. jeweils Mi, Fr, Sa 19.30 Uhr und So 19 Uhr, Karten unter Tel. 38 29 59