Hamburg. Französischer Stardramatiker Florian Zeller am St. Pauli Theater

Es ist eine „Familienangelegenheit“. Sagt Florian Zeller, dessen Namen man keineswegs so ausspricht, wie man das hierzulande natürlich erst einmal tun würde. Zeller wie Teller. Richtig wäre: Florioong Ssällääär. Jedenfalls französisch. In Frankreich hätte man da keinen Zweifel. Weil man natürlich erstens sowieso alles französisch ausspricht, egal wie deutsch sich etwas lesen mag. Und weil man vor allem als grundsätzlich kulturaffiner Franzose dem Namen Florian Zeller schon begegnet sein dürfte; er ist – neben der noch berühmteren Yasmina Reza – einer der bekanntesten Theaterautoren des Landes.

„Es ist eine Familienangelegenheit“, sagt Florian Zeller also und zeigt lächelnd auf Ulrich Waller. Seinetwegen ist der Dramatiker in Hamburg. Der Intendant des St. Pauli Theaters gehört zu Zellers internationaler Theaterfamilie, zuletzt hat er dessen Stück „Der Vater“ mit Volker Lechtenbrink in der Hauptrolle inszeniert, eine ungemein feinfühlige, sehr genau erzählte Geschichte um einen an Alzheimer erkrankten Mann. Der Zuschauer, das ist das ausgesprochen Besondere des Stücks, verfolgt den Abend aus der verwirrenden Perspektive des Kranken. Lechtenbrink trägt das nicht unkomplizierte Konzept mit verblüffender Selbstverständlichkeit, er ist berührend und beeindruckend in dieser Rolle, in der er vor einem Jahr umjubelte Premiere am St. Pauli Theater feierte.

„Das deutsche Publikum ist sehr großzügig“, sagt Zeller, an dem lustigerweise sofort auffällt, dass seine Augen dieselbe taubenblaue Farbe haben wie sein Jackett. „Hier wird viel mehr applaudiert, man merkt geradezu, wie die Zuschauer sich bedanken wollen, wie sie den Schauspielern unbedingt zeigen wollen, wenn sie etwas sehr mochten.“ In Paris oder auch in London, wo seine Stücke auch gespielt werden, verlaufe so ein Applaus viel nüchterner.

Zellers eigene Theaterbegeisterung ist im wahren Wortsinn die eines Amateurs, eines Liebenden. Auf die Frage, woher er künstlerisch komme, antwortet der jungenhafte Franzose, dessen Stücke wie die von Yasmina Reza dem gehobenen Unterhaltungstheater zuzuordnen sind: „Aus dem Publikum!“ Zeller stand nicht, wie Reza, zunächst selbst auf der Bühne, auch seine Familie habe keinerlei Berührung mit dem Theater gehabt. Zunächst schrieb Zeller Romane, dann entdeckte er den Kosmos Theater für sich und für sein Schreiben. In Paris ist er – für Autoren eher unüblich – gern in die Produktionen involviert. „Wenn ich den Schauspielern zuhöre, lerne ich viel dabei.“

Sein Stück „Der Vater“ sah Zeller in fünf oder sechs Versionen weltweit

Ulrich Waller vertraue er seit Langem, schon seine Stücke „Die Wahrheit“ und „Eine Stunde Ruhe“ (beide mit Herbert Knaup und Leslie Malton) wurden hier als deutschsprachige Erstaufführungen gespielt. „Der Vater“ konnte Zeller inzwischen in „fünf oder sechs Versionen“ weltweit sehen, in zwei Wochen kommt eine Premiere am New Yorker Broadway hinzu. Zur Hamburg-Premiere vor fast genau einem Jahr konnte er nicht kommen, die noch immer originalbesetzte Inszenierung sei heute allerdings „sehr nah an dem, was ich mir vorgestellt habe, als ich das Stück geschrieben habe“. Den internationalen Erfolg erklärt sich Zeller auch mit dem Thema des Stücks. „Alzheimer, Altwerden, der Umgang damit – das teilen ganz unterschiedliche Gesellschaften.“ Der Auslöser war trotzdem weniger ein kalkulierender Umgang mit dem Sujet, als vielmehr der französische Schauspieler Robert Hirsch, dem Zeller, selbst Jahrgang 1979, unbedingt ein Stück auf den Leib schreiben wollte. Hirsch ist mittlerweile über 90, auch in Zellers nächster Uraufführung spielt er die Hauptrolle.

In Hamburg plant Ulrich Waller für den Herbst zunächst eine Zeller-Beziehungskomödie. Möglich, dass der Franzose diesmal schon direkt zur Premiere kommt: „Ich gehe gern zu meinen Stücken!“ sagt Florian Zeller und lacht. „Ich bin ein großer Fan!“

Der Vater, 1.-3.4. und 5.-9.4. am St. Pauli Theater, jew. 19.30 Uhr, so 18 Uhr, Karten 17,70 bis 47,40 Euro u.a. beim Hamburger Abendblatt (Großer Burstah 18-32) und unter T. 30 30 98 98.