Hamburg. Warum Maike Mia Höhne aus Altona morgens und abends nichts anderes macht, als sich bewegte Kunst anzusehen
So viele Filme. Und so viel Verschiedenes. Ein schwedischer feministischer Animationsfilm. Ein Tagebuchfilm aus dem Tschad. Eine Hommage an Steven Spielbergs „Duell“ aus Israel. Ein Kunstexperiment aus Hamburg. Geschätzt 1000 Filme schaut Maike Mia Höhne jährlich. Morgens und abends, im Sommer wie im Winter. Vor allem aber in den Wochen, bevor die Berlinale startet. Die Hamburgerin leitet seit zehn Jahren die Sektion Berlinale Shorts, in der internationale Kurzfilme präsentiert werden.
Nicht nur der Nachwuchs probiert sich in dieser Sparte aus; auch arrivierte Filmemacher kehren nach einigen Langfilmen gerne zu den Berlinale Shorts zurück. „Ich verstehe das auch überhaupt nicht als einen Schritt zurück“, sagt Höhne. „Ein guter Film ist ein guter Film – völlig egal, wie viele Minuten er nun dauert.“
Maike Mia Höhne hat visuelle Kommunikation an der HfbK studiert. Heute arbeitet sie als Kuratorin, Autorin, Produzentin, Regisseurin und Moderatorin. Maike Mia Höhne ist auch eine Art Gesamtkunstwerk auf zwei Beinen. Die Frage, wie sie das alles schafft, steht natürlich gleich im Raum. Die Antwort: mit guter Organisation und einer Menge Überstunden. Bei der Betreuung der beiden Kinder unterstützen sie ihr Mann und ein Au-pair-Mädchen – vor allem in der Zeit ab Oktober, wenn Höhne zwischen Berlin und Hamburg pendelt.
Ihr Filmgeschmack lässt sich nicht auf einen Nenner bringen. Zu breit das Interesse, zu weit der Horizont. Und in ihrem Amt als Berlinale-Kuratorin muss sie natürlich unterscheiden zwischen künstlerischen Einwänden und ganz privaten Vorlieben. Was ihr wichtig ist: Ein Film muss eine Haltung haben. Einen Standpunkt. Leidenschaftslos vorgebrachte, differenzierte Betrachtungen interessieren sie nicht. Ein gelungener Kurzfilm, findet Maike Mia Höhne, widmet sich einem emotionalen Moment. Und – anders als beim Langfilm – müssen meist schon die ersten Sekunden gefallen, zumindest: gefangen nehmen. „Wenn ein Film nach drei Minuten nicht das Tempo anzieht, nicht auf den Punkt kommt, werde ich nervös“, sagt Höhne. Berufskrankheit.
Der rote Faden, der sich durch die ausgewählten Filme zieht – 26 an der Zahl – ist in diesem Jahr das Ankommen. „Menschen gehen auf Reisen, müssen ihre Heimat verlassen, kommen im Heute an, statt weiter im Gestern zu verharren“, beschreibt es Maike Mia Höhne. Gezeigt werden die Berlinale Shorts in verschiedenen Blöcken mit je einer Handvoll Filmen. Diese Art künstlerische Familienbildung sei zugleich das Komplizierteste und mache den meisten Spaß, sagt Höhne.
Hat sie manchmal die Nase voll vom Kino? Nein, nie, sagt die 44-Jährige. Aber sie brauche manchmal länger, wenn sie an ihren eigenen Film denkt, „um zu meiner eigenen Stimme zurückzufinden“. Unmöglich sei es nicht: „Es dauert nur einen Moment länger!“
Ihr Film – „3/4“ heißt er – wird im Frühjahr in Hamburg im Abaton gezeigt werden. Ein Beziehungsfilm mit einem zentralen Konflikt: Sie will ein Kind, er hat schon eins. „Ich liebe Beziehungen und die Fragen und Probleme, die das Leben mit dem anderen aufwirft“, sagt Höhne. Außerdem sei der Film „eine Hommage an meine Heimat Altona“. Aber in diesen Tagen heißt die Heimat von Maike Mia Höhne ganz klar: Berlinale.