Es sind Schätze der Weltkultur, die in Hamburger Museen bewahrt werden. Teil 9: Historische Museen: Altonaer Museum/Jenisch Haus.

Louis Gurlitt: Teufelsbrück, 1852

Mitte des 19. Jahrhunderts, als der aus Altona stammende Künstler Louis Gurlitt Teufelsbrück als Teil der Klein Flottbeker Elblandschaft darstellt, ist die Elbchaussee noch ein Sandweg. Da die Gegend schon zu dieser Zeit für das Hamburger Bürgertum als beliebtes Ausflugsziel gilt, kommt es hier zur Begegnung unterschiedlicher sozialer Schichten, die Gurlitt meisterhaft in Szene setzt. Während die vornehm gekleideten Städter mit der Kutsche anreisen, sieht man einen einfachen Bauernburschen, der seine Kuh am Strick führt. Doch das Bild, das im Jenisch Haus hängt, deutet auch auf einen Wandel, der sich nur vordergründig auf Jahreszeiten bezieht: Der Sommer neigt sich seinem Ende entgegen und die langen Schatten kündigen schon den Herbst an. Damit dürfte Gurlitt, der nicht nur in Altona, sondern auch in Kopenhagen ausgebildet wurde, das sich abzeichnende Ende der dänischen Herrschaft über Holstein symbolisiert haben.

Unbekannter Künstler: Silberbecher, um 1650 mit späterer Gravur

Dieser kostbare Silberbecher aus dem 17. Jahrhundert ist mit einer Geste der Dankbarkeit aus viel späterer Zeit verbunden. Die beiden Hamburger Hüttmann und Smidt schenkten ihn dem Altonaer Weinhändler Kraus 1813 als Dank für die menschenfreundliche Aufnahme in seinem Haushalt. Hintergrund sind die Wirren der „Franzosenzeit“: Weihnachten 1813 vertrieben Napoleons Behörden 20.000 Hamburger aus der Stadt. Es handelte sich um jene Bewohner, die nicht über ausreichende Lebensmittelvorräte für den Winter verfügten. Altona nahm zwar 12.000 der Vertriebenen auf, doch wurden sie teilweise unter so armseligen und hygienisch unzureichenden Umständen untergebracht, dass viele von ihnen starben. Die Großzügigkeit des Altonaer Weinhändlers bewahrte Hüttmann und Smidt wahrscheinlich vor einem solchen Schicksal.

Abendblatt-Serie: 50 Meisterwerke

Turkmenen: Jurte, um 1940
Turkmenen: Jurte, um 1940 © Museum für Völkerkunde
Aztekische Steinmetze: Hackmack’sche Kiste, Mexiko, 1470
Aztekische Steinmetze: Hackmack’sche Kiste, Mexiko, 1470 © Museum für Völkerkunde
Unbekannter Künstler: Götterfigur, Nukuoro Atoll, 18./19. Jahrhundert
Unbekannter Künstler: Götterfigur, Nukuoro Atoll, 18./19. Jahrhundert © Paul Schimweg
Werkstatt in Theben: Mumienhülle, um 900 v. Chr., Altägypten
Werkstatt in Theben: Mumienhülle, um 900 v. Chr., Altägypten © Museum für Völkerkunde
Unbekannter Künstler: Buddha Dipamkara, Nepal
Unbekannter Künstler: Buddha Dipamkara, Nepal © Museum für Völkerkunde
Johann Georg Stuhr: Baumhaus mit Nieder- und Binnenhafen, 1685
Johann Georg Stuhr: Baumhaus mit Nieder- und Binnenhafen, 1685 © Stiftung Historische Museen Hamburg
Carl Conrad Fischer: Cembalo, 1716
Carl Conrad Fischer: Cembalo, 1716 © Stiftung Historische Museen Hamburg
Atelier Mindermann: Abendkleid, um 1893
Atelier Mindermann: Abendkleid, um 1893 © Stiftung Historische Museen Hamburg
Dirk Ostorp: Isabeenbecher, 1519
Dirk Ostorp: Isabeenbecher, 1519 © Stiftung Historische Museen Hamburg
Werkstatt-Nachfolge von Bertram von Minden: Eichenholz-Kruzifix, um 1420
Werkstatt-Nachfolge von Bertram von Minden: Eichenholz-Kruzifix, um 1420 © Stiftung Historische Museen Hamburg
Lavinia Schulz, Walter Holdt: Toboggan B (um 1923)
Lavinia Schulz, Walter Holdt: Toboggan B (um 1923)
Katsushika Hokusai: Die große Welle vor Kanagawa (um 1830)
Katsushika Hokusai: Die große Welle vor Kanagawa (um 1830)
James Craig Annan: Kleine Prinzessin (1895)
James Craig Annan: Kleine Prinzessin (1895)
Monogrammist I.P.: Gliedermann (um 1525)
Monogrammist I.P.: Gliedermann (um 1525)
Oskar Kokoschka: Fächer (1913)
Oskar Kokoschka: Fächer (1913)
Verner Panton: „Spiegel“Kantine, 1969
Verner Panton: „Spiegel“Kantine, 1969 © Michael Bernhardi, SPIEGEL-Verlag, 2011
Johannes M. August Stroh: Strohgeige, 1910
Johannes M. August Stroh: Strohgeige, 1910 © Museum für Kunst und Gewerbe
Leonhard Kern: Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies, 1650
Leonhard Kern: Adam und Eva nach der Vertreibung aus dem Paradies, 1650 © Museum für Kunst und Gewerbe
China, Ming-Dynastie: Wasser-Mond-Guanyin, 15. Jh.
China, Ming-Dynastie: Wasser-Mond-Guanyin, 15. Jh. © Museum für Kunst und Gewerbe
Werkstatt in Istanbul, Türkei: Prachtkoran, 16. Jahrhundert
Werkstatt in Istanbul, Türkei: Prachtkoran, 16. Jahrhundert © Museum für Kunst und Gewerbe
Edvard Munch: Madonna, 1894
Edvard Munch: Madonna, 1894 © Hamburger Kunsthalle/Elke Walford
Max Liebermann: Die Netzflickerinnen, 1889
Max Liebermann: Die Netzflickerinnen, 1889 © Hamburger Kunsthalle/Elke Walford
Richard Serra: Measurements of Time, 1996
Richard Serra: Measurements of Time, 1996 © Hamburger Kunsthalle/Elke Walford
Paul Klee: Der Goldfisch, 1925
Paul Klee: Der Goldfisch, 1925 © Hamburger Kunsthalle/Elke Walford
Ernst Ludwig Kirchner: Selbstbildnis mit Modell, 1910
Ernst Ludwig Kirchner: Selbstbildnis mit Modell, 1910 © Hamburger Kunsthalle/Elke Walford
Édouard Manet:
Édouard Manet: "Nana" (1877) © Hamburger Kunsthalle
Rembrandt H. van Rijn:
Rembrandt H. van Rijn: "Porträt des Maurits Huygens" (1632) © Hamburger Kunsthalle
Philipp Otto Runge:
Philipp Otto Runge: "Der große Morgen" (1808) © Hamburger Kunsthalle
Adolph Menzel:
Adolph Menzel: "Atelierwand" (1872) © Hamburger Kunsthalle
Max Beckmann:
Max Beckmann: "Odysseus und Kalypso" (1943) © Hamburger Kunsthalle
Caspar David Friedrich: Das Eismeer, 1822-24
Caspar David Friedrich: Das Eismeer, 1822-24 © Hamburger Kunsthalle | bpk Foto: Elke Walford
Jan Massys: Flora (Chloris), 1559
Jan Massys: Flora (Chloris), 1559 © Hamburger Kunsthalle | bpk Foto: Elke Walford
Pablo Picasso: Der Kunsthändler Clovis Sagot, 1909
Pablo Picasso: Der Kunsthändler Clovis Sagot, 1909 © SHK / Hamburger Kunsthalle | bpk Photo: Elke Walford
Joseph Beuys: Filzanzug, 1970
Joseph Beuys: Filzanzug, 1970 © Hamburger Kunsthalle | bpk Foto: Elke Walford
Thomas-Altar: Die Anbetung des Kindes, 15. Jahrhundert
Thomas-Altar: Die Anbetung des Kindes, 15. Jahrhundert © Hamburger Kunsthalle | bpk Foto: Elke Walford
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Ludwig Philipp Strack: Blick von Baurs Park nach Hamburg, 1811

Ein elegantes Paar blickt über eine romantische Gartenlandschaft, die am Fluss liegt, auf dem zahlreiche Segelschiffe unterwegs sind. Ganz im Hintergrund tauchen die Türme der Stadt auf, man erkennt sogar den Michel, der die beruhigende Nähe zu Hamburg erahnen lässt. Trotzdem ist man hier entrückt; von der Not, unter der die Hamburger Bevölkerung während der damaligen französischen Besatzungszeit leidet, spüren die Parkbesucher, bei denen es sich auch um dessen Besitzer handeln dürfte, buchstäblich nichts. Im Jahr 1811 hat der Oldenburger Hofmaler Ludwig Philipp Strack (1761–1 836) diesen wunderbaren Blick von Baurs Park mit seiner weiten Aussicht über die Elbe bis nach Hamburg gemalt. Um der Stadt zu entrinnen, in der nach und nach die Industrialisierung mit ihren negativen Begleiterscheinungen begann, ließen sich die Altonaer und Hamburger Großbürger seit dem frühen 19. Jahrhundert in den Elbvororten weitläufige Landsitze mit romantischen Gärten anlegen.

Der Altonaer Kaufmann Georg Friedrich Baur (1768–1865) beauftragte den aus Paris stammenden Joseph Ramée (1764–1842) damit, sein in Blankenese erworbenes Grundstück zum Park umzugestalten. Der Franzose schuf hier einen englischen Landschaftsgarten mit geschlängelten Wegen, künstlichen Wasserläufen, raffinierten Durchblicken und einem Rundtempel, der in genau kalkulierten Sichtbeziehungen zu einzelnen Parkpartien stand. Seine Gestaltungsmaximen waren hochmodern und entsprachen ziemlich genau den Ideen, die der Gartenarchitekt Christian Caius Lorenz Hirschfeld in seiner berühmten „Theorie der Gartenkunst“ (1779–85) niedergelegt hatte. Wie Hirschfeld ging es auch Ramée um eine künstlich geschaffene Natur, die im Gartenbesucher Empfindungen romantischer Art wecken sollte. Das Bild von Ludwig Philipp Strack, das zurzeit in der Ausstellung „Facetten der Altonaer Stadtentwicklung. Blicke in die Sammlung des Altonaer Museums“ gezeigt wird, bringt die Schönheit dieses Parks, der trotz seines privaten Charakters teilweise der Öffentlichkeit zugänglich war, wunderbar zum Ausdruck.

Unbekannte Französische Kriegsgefangene: Knochenschiff, um 1810

Neben dem großen Bestand im Maritimen Museum besitzt auch das Altonaer Museum fünf jener kostbaren Knochenschiffe, die Anfang des 19. Jahrhunderts von französischen Kriegsgefangenen geschaffen wurden. Unter diesen Modellen fällt ein Exemplar besonders auf. Es ist das Modell einer Fregatte mit 42 Geschützen, das vermutlich um 1810 gebaut wurde. Das Modell ist als Vollschiff (Fregatte) getakelt, an beiden Unterrahen und Marsrahen sind Leesegelspieren aus Walbarten angebracht. An jeder Seite ist ein Rettungsboot befestigt, außerdem auf der Kuhl sogar noch ein drittes Boot gelagert. Die Galionsfigur zeigt einen Krieger mit Schwert und Schild. Dazu kommen 24 Kanonen im durchlaufenden Geschützdeck, außerdem noch 18 Kanonen auf dem Oberdeck. Die außerordentlich detailreiche Ausführung macht dieses Knochenschiffmodell zu einem handwerklich und schiffshistorisch seltenen Zeugnis.

Johannes Uhde: Marmorskulptur „Der Fischer“, 1887

Die längst sprichwörtliche Zeile „... halb zog sie ihn, halb sank er hin ...“, stammt aus der Ballade „Der Fischer“, die Johann Wolfgang Goethe 1778 schrieb. Im Jahr 1887 ließ sich der Altonaer Bildhauer Johannes Uhde (1858–1893) zu einer eindrucksvollen Figurengruppe aus Carrara- Marmor anregen. Ursprünglich für das neogotische Schloss in Donners Park gedacht, kam die Skulptur als Geschenk des Freiherrn von Donner an das Altonaer Museum, wo sie auf der Empore der Eingangshalle stand. 1930 wurde sie ins Jenisch Haus versetzt, wo sie 1954 im Vestibül ihren heutigen Standort erhielt. Einerseits erinnert dieses neoklassizistisch inspirierte Kunstwerk in seinem Gestus an die berühmte Marmorskulptur „Amor und Psyche“ des italienischen Bildhauers Antonio Canova. Andererseits lässt sie aber auch Einflüsse des Dresdner Bildhauers Johannes Schilling erkennen, der zu den einflussreichsten deutschen Künstlern des Historismus gehört.

Historische Museen Altonaer Museum

Die Marmorskulptur und das Gurlitt-Gemälde auf dieser Seite befinden sich im Jenisch Haus. Es gehört wie das Altonaer Museum zu den Historischen Museen Hamburg. Altonaer Museum, Museumstraße 23, Di–S o 10.00–17.00, Jenisch Haus im Jenischpark, Di–So 11.00–18.00