Hamburg. Der Thalia-Schauspieler Christoph Bantzer wird am heutigen Montag 80 Jahre alt
Er spielte Ibsens „Peer Gynt“, Shakespeares „Hamlet“, den Arzt Astrow in Tschechows „Onkel Wanja“. Arbeitete mit Regisseuren wie Peter Zadek, Jürgen Flimm und Martin Kusej. Seine Bühnen waren das Schauspielhaus Zürich, die Wiener Burg, das Deutsche Schauspielhaus Hamburg. Am Thalia Theater der Hansestadt bildet er seit 30 Jahren eine Säule des Ensembles. Christoph Bantzer – einer der großen Charakterdarsteller des Landes und in Hamburg wohl eine kulturelle Institution. Was haben ihn all die Erfahrungen seines Berufslebens gelehrt? Bantzer, der am heutigen Montag 80 Jahre alt wird, denkt nur einen Augenblick nach. „Bescheidenheit“, antwortet er dann leise.
„Die Wichtigkeit des Egos nicht wuchern zu lassen – zu spüren, dass das nichts ist für das, was das Theater von uns will“, formuliert die Bühnengröße vorsichtig. Und fügt hinzu: „Gleichzeitig lernt man in diesem Beruf nie aus. Ich merke, dass ich immer wieder von vorne anfange – und es eigentlich gar nicht kann. Es gibt viele Abende, an denen man sich nicht besonders verdient gemacht hat.“
Die Zurückgenommenheit nimmt man Bantzer ab. Aufgewachsen ist er mit vier Geschwistern in einer Künstlerfamilie in Marburg an der Lahn. Obwohl der Maler-Vater in polnischer Gefangenschaft starb und Geld knapp war, habe er „eine wunderbare Kindheit und Jugend“ gehabt, sagt Bantzer, der mit Ehefrau, der Sopranistin Dorothea Röschmann, und Tochter direkt am Elbufer wohnt.
Früh entstand der Wunsch, zum Theater zu gehen. „Initialzündung war ein Gastspiel des herrlichen Martin Held als Zuckmayers ,Des Teufels General‘“, erinnert sich Bantzer. „Da habe ich zum ersten Mal einen Schauspieler erlebt, der souverän und höchst erfüllt Theater spielt – für meine jugendlichen Aufnahmesinne sehr, sehr eindrucksvoll.“ Auf Anhieb klappte es dann mit einem Platz an der Berliner Max-Reinhardt-Schule. „Sprecherziehung“ war ein Fach, das ihm besonders am Herzen lag. „Sprache als Medium und sehr kostbares Instrument hat mich immer sehr interessiert“, sagt der Darsteller, der auch gerne Lesungen macht – oft im Zusammenwirken mit Kirchenmusiker-Bruder Claus Bantzer, 73.
In Berlin erlebte er Ende der 50er- Jahre noch legendäre Protagonisten großer Bühnentradition – etwa die Kolleginnen Hermine Körner und Hilde Körber sowie, in Brecht-Aufführungen am Schiffbauerdamm im Ostteil, Helene Weigel und Ernst Busch. Trotzdem sollte Bantzer, der bald eigene Erfolge feierte, es nicht als Zeitenwende empfinden, als die Theater in den 60er-, 70er-Jahren inhaltlich und formal zu neuen gesellschaftlichen Ufern aufbrachen. „Ein Politikum war unserer Beruf ja schon immer, seit seinen Wurzeln in der Antike“, erklärt er – und gibt doch zu: „Zadek-Aufführungen hier am Schauspielhaus erlebte man schon als starke Irritation.“ Dabei habe er aber erfahren, „dass die Beunruhigung lieb gewonnener Sehgewohnheiten etwas sehr Positives ist.“
Zugleich bricht der Künstler eine Lanze für das gegenwärtige Bühnenschaffen. „Ich weiß, dass das Regietheater nicht überall in gutem Ruf steht, aber das wird leicht zu eng gesehen“, sagt er, „und politisch im Sinne von Belehren, wo es langgeht, arbeiten wir hier im Haus schon gar nicht.“
Aktuell ist Christoph Bantzer, der an seinem Beruf auch die unterhaltende Seite liebt, am 9. Januar und am 10. Januar im Thalia Theater in Heinrich von Kleists „Käthchen von Heilbronn“ zu erleben. Bantzer spielt darin die Rolle des Kaisers.