Hamburg . Im Ernst Deutsch Theater wurden zum zehnten Mal die Rolf-Mares-Preise vergeben. Eine besondere Ehrung gab es für die Freundeskreise
Die Eingänge des Ernst Deutsch Theaters waren links und rechts mit Fackeln illuminiert, der rote Teppich jedoch wurde nicht extra ausgerollt: Das Foyer war erst in der Sommerpause renoviert worden, der neue rote Teppich bot wie der Saal des größten deutschen Privattheaters am Montagabend auch so einen gelungenen Rahmen für die zehnte Verleihung des Rolf-Mares-Preises.
Seit 2006 würdigt der Verein Hamburger Theater damit die Vielfalt der hanseatischen Bühnenszene, der privaten wie der staatlichen Häuser. „Der Rolf-Mares-Preis hat sich über die letzten zehn Jahre als wichtige Instanz für Qualität fest etabliert, die über die Tore Hamburgs hinaus große Strahlkraft genießt“, sagte Hans Heinrich Bethge, Senatsdirektor der Kulturbehörde. Als Preis, der von den Theatern selbst ins Leben gerufen wurde, repräsentiere er die künstlerische Leistungskraft der Theaterstadt Hamburg eindrucksvoll und authentisch.
Die mit je 1000 Euro und einem Montblanc-Füllfederhalter dotierten zwölf Auszeichnungen in vier Kategorien finanzieren sich aus Erlösen der seit 2004 im September stattfindenden Theaternacht. Der Preis erinnert an den hanseatischen Kulturpolitiker Rolf Mares (1930-2002), der als Direktor der Hamburgischen Staatsoper und Gründungs-Intendant der Komödie Winterhuder Fährhaus den staatlichen wie den privaten Theaterbetrieb be- und vorlebte. Dass die unabhängige Jury für die Spielzeit 2014/15 mehrmals die Qual der Wahl hatte, deutete die Jury-Vorsitzende Inge Volk in ihrer Rede an. Längst nicht immer seien die sieben Juroren einer Meinung gewesen.
Als Laudator für die Kategorie „Herausragender Darsteller“ machte Joachim Bliese deutlich, worauf es ankommt. „Schauspieler probieren wochenlang intensiv, akribisch und oft mit viel Spaß an der Arbeit. Doch wenn sie dann vor Publikum spielen, zeigt sich, was einen herausragenden Darsteller über diejenigen erhebt, die ‚nur‘ gut spielen. Er schafft es allabendlich, seine erlernte Rolle beim Betreten der Bühne buchstäblich zu vergessen, um sie spontan neu zu erfinden und so tatsächlich herausragend anzulegen“, sagte Bliese, zuletzt als Vater in „Chuzpe“ neben „Tatort“-Star Ulrike Folkerts in den Kammerspielen überzeugend.
Bliese übergab die Preise an drei Kollegen: Erkki Hopf bekam ihn für „Dat Narrenhuus“ im Ohnsorg Theater. In dem großartigen „Musical op Platt“ brillierte er als Alwin, der unter dem Namen Zaza der Star einer Travestie-Show ist. Ebenfalls geehrt wurde Thalia-Schauspieler Jens Harzer als Graf in Kleists Klassiker „Das Käthchen von Heilbronn“. Dritter Top-Darsteller war Ulrich Bähnk, der in „Laurel & Hardy“ in den Kammerspielen dem legendären Komiker Oliver Hardy auch melancholische Seiten abgewann.
Mit groteskem Spiel begeisterte Lina Beckmann in „Ab jetzt“. Für ihre Leistung in der Rolle der Schauspielerin Zoe in Alan Ayckbourns schwarzer Zukunftskomödie (Regie: Karin Beier) im Schauspielhaus bekam sie als „Herausragende Darstellerin“ ebenso den Rolf-Mares-Preis wie Katharina Abt als Sozialarbeiterin in der absurden Farce „Kaspar Häuser Meer“ im Theater Kontraste im Winterhuder Fährhaus. Dazu kam Julia Wieninger in Becketts „Glückliche Tage“ (Regie: Katie Mitchell) im Schauspielhaus Malersaal.
Der Preis für die Inszenierung ging diesmal an keines der großen Staatstheater. Stattdessen freute sich Inken Rahardt vom derzeit heimatlosen Opernloft über ihre zweite Auszeichnung nach 2010, diesmal für „Orlando Furioso“. Georg Münzel wurde für seine kurzweilige Bühnenfassung des Erfolgsromans „Fast genial“ am Altonaer Theater belohnt. Und das Regie-Kollektiv Julia Warnemünde, Jan Dvorak und Thomas Fiedler (Kommando Himmelfahrt) bekam den Preis für „Die Speisung der 5000“ auf Kampnagel, ein Musiktheater, das die fiktive Vita von Thomas Alva Edison mit der Geschichte des Neuen Testaments verknüpft.
Die Preise für „Herausragendes Bühnen- bzw. Kostümbild“ gingen an Raimund Bauer („Der Vater“ im St. Pauli Theater), Johannes Schütz („Pfeffersäcke im Zuckerland und strahlende Verfolger“ im Malersaal) und Eva Humburg für „Das Boot“ im Ernst Deutsch Theater. Dass das – längst wieder eingemottete – aufwendige Bühnenbild des Unterwasser-Dramas bleibenden Eindruck hinterlassen würde, stand zu vermuten. Auch die Freundeskreise der Hamburger Theater hinterlassen Eindruck – an fast 20 Hamburger Bühnen. Für ihre wichtige Förderarbeit wurden sie bei der von Ohnsorg-Schauspielerin Sandra Keck charmant-launig moderierten Gala deshalb mit dem 13. Preis, dem Sonderpreis für langjährige außergewöhnliche Leistungen, geehrt. Das Gute für die Hamburger Theaterszene: Sie bleiben, machen weiter und haben noch immer Wachstumspotenzial.