„Evirati“, Entmannte, wurden sie genannt. In ganz Europa wurden Kastraten während der Blütezeit der Barockmusik gefeiert. Die Verstümmelung vor Eintritt des Stimmbruchs produzierte Sänger, die den Ansprüchen dieser Musik berauschend schön gerecht werden konnten. Denn sie hatten – vereinfacht ausgedrückt – Stimmen wie Frauen und Lungen wie Männer. Insbesondere in Italien kamen damals unzählige Knaben unters Messer oder andere, noch brutalere Werkzeuge, ohne Betäubung. Etliche überlebten diesen Eingriff nicht. Berühmtheiten wie
Farinelli, Carestini, Senesino oder Caffarelli zogen von Engagement zu Engagement, Komponisten schrieben ihnen die Bravourarien auf den kräftigen Brustkorb. Der französische Countertenor Philippe Jaroussky, der dieses Repertoire in den vergangenen Jahren enorm populär machte, nannte Kastraten „einsame Diven. Sie waren Sklaven ihrer Stimme, gefangen in ihrer Kunst“.