Hamburg. Die Zuschauer der Tanzshow riss es auf Kampnagel begeistert aus den Sitzen

Johannesburg ist ein raues Pflaster. Auch ohne verfeindete Familien und eine tragisch endende Liebe. Schnelle Bilder aus der südafrikanischen Metropole Johannesburg jagen einander auf großer Bühnenleinwand. Es sind Alltagsszenen, dazwischen Tänzer in akrobatischen Positionen mit weiß geschminkten Gesichtern. Bald fallen die zwei Tänzerinnen und fünf Tänzer auf der Bühne ein. Als eine Gang in modern urbanem Chic. Und sie schütteln und heben alle Muskeln, die sie gleichzeitig bedienen können.

Für sehr energiegeladenen Tanz ist die Hamburger Choreografin Jessica Nupen bekannt. Mit „Romeo & Juliet – Rebellion & Johannesburg“ zeigte sie ihre erste größere Arbeit auf Kampnagel und nach einer Stunde riss es die Zuschauer begeistert von den Sitzen. Nupen hat selbst südafrikanische Wurzeln, stammt aus einer Künstlerfamilie berühmter – weißer – Apartheid-Gegner. Sie weiß, wovon sie hier mit tänzerischen Mitteln erzählt.

Shakespeare dient ihr sehr frei als Inspirationsquelle. Wenn etwa die Gang, einen Tisch als Auto nutzend, über möglichen Nachwuchs des Liebespaares debattiert. Eingeflochten in ein Kaleidoskop Johannesburgs, „einst eine Stadt der Hoffnung“, aber jetzt „leer“. Es folgen Jumps und Handstände und manch halsbrecherische Artistik. Nach dem Intro wird es leiser. Ein mit Stofffetzen behängter Voodoo-Priester zieht durch die Reihen und verspricht Reichtum mithilfe der Magie. Ein kurzes Pas de deux zwischen Julia und Romeo darf nicht fehlen. Dann folgen immer wieder größere Gangszenen, in denen die beiden kampfeslustigen Tänzerinnen sich in der Männerclique behaupten.

Es gibt viele schöne Ideen, viele von Jessica Nupen sehr genau beobachtete, auch humorvolle Begebenheiten. Manchmal wird der Zuschauer allerdings arg geflutet durch den simultanen Einsatz von Bildern, Bewegung, Sprache, Musik und Gesang – wunderbar entwickelt von dem experimentellen Musiker Spoek Mathambo.

In der Choreografie selbst hätte Nupen ruhig noch mutiger und eigenständiger agieren und sich vom herkömmlichen Bewegungsrepertoire entfernen können. Aus traditionellen und zeitgenössischen Moves entwickelt sie eine Art urbanen Volkstanz. Von dieser viel versprechenden Hamburger Choreografin wird sicherlich noch zu hören sein.

„Romeo & Juliet – Rebellion & Johannesburg“ 9.10., 20.00, Kampnagel, Jarrestr. 20–24, Karten 18,-/erm. 10 Euro unter T. 27 09 49 49;
www.kampnagel.de