Hamburg. TV-Moderator Heufer-Umlauf und Wir-sind-Helden-Bassist Tavassol haben mit ihrer Band Gloria das zweite Album herausgebracht.

Vor der Tür des Kiez-Clubs steht schon eine dichte Traube von Fans und wartet auf Einlass für das Showcase-Konzert von Gloria. Klaas Heufer-Umlauf, der Sänger mit dem exakten Seitenscheitel, und sein Bass spielender Kumpel Mark Tavassol haben mit ihrer Band den Soundcheck gemacht, „Geister“ heißt ihr aktuelles Album. Dass Musiker vor einem Auftritt Interviews geben, ist eher ungewöhnlich, doch beide sind Vollprofis, von Lampenfieber ist nichts zu spüren.

Vor einem Jahr haben der TV-Profi und der Bassist von Wir Sind Helden mit Gloria ihr Debüt beim Reeperbahn Festival gegeben und das erste Album veröffentlicht, nur ein Jahr später bringt das Duo die zweite Platte heraus. Die Texte stecken voller Bilder und Anspielungen, viele sind verschlüsselt. „Geister“ ist das Gegenteil von Popmusik, die sich sofort erklärt und deren Inhalte man zustimmend abnicken kann. „Das letzte Quentchen Eindeutigkeit fehlt vielen Songs ganz bewusst“, sagt Tavassol. „Wir nehmen in Kauf, dass unsere Hörer nicht sofort verstehen, wovon wir sprechen. Das kann ja auch dazu führen, dass ein Hörer sich intensiv damit auseinandersetzt.“ – „Man kann die Songs nebenbei hören, aber wer die volle Dosis will, muss genau hinhorchen“, ergänzt Heufer-Umlauf.

„Stolpersteine“ ist so ein Lied. Das Wort aus dem Titel taucht im Text nicht auf, wer in Hamburg oder Berlin lebt, bekommt eine Ahnung vom Thema des Songs. „Sie alle haben hier noch einmal gestanden / und sich umgedreht / um das Gleiche anzusehen / Das Gleiche, was du heute siehst / wenn es dich nach Hause zieht“. Es geht um die Stolpersteine, die an Mitbürger erinnern, die von den Nazis deportiert und in Konzentrationslagern ermordet wurden. „Wenn ich Stolpersteine sehe, reißt es mich immer aus dem, was ich gerade mache. Ich nehme mir dann den Moment, lese den Namen und die wenigen Informationen. Diese Steine zeigen eine schmerzhafte Wahrheit, die überall präsent sein sollte. Wir finden diese Erinnerung wichtig. Unsere Gesellschaft zeigt, dass sie immer noch nicht genug aus den Erfahrungen gelernt hat“, sagt Tavassol. Es ist zu spüren, wie nah ihm dieses Thema geht.

Auch andere Songs wie „Haut“, „Das, was passiert“ oder der Titelsong haben mehrere Ebenen. Manchmal scheint es, als sei „Geister“ eine politische Platte – „eher an gesellschaftlichen Dynamiken ausgerichtet“, findet Heufer-Umlauf. Ernsthaft ist „Geister“ in jedem Fall. Im Konzert präsentiert Gloria neue und alte Songs mit perfekt aufeinander abgestimmter Band. Der Ton ist locker, Heufer-Umlauf moderiert launig, das ist er gewohnt: Zusammen mit Joko Winterscheidt ist er längst zur Marke für witzige und intelligente Fernsehunterhaltung geworden. Für ihren „Circus HalliGalli“ erhielten sie 2014 den Grimme-Preis.

Seit 2008 schon machen Tavassol und Heufer-Umlauf zusammen Musik, doch erst seit einem Jahr sind sie damit an die Öffentlichkeit gegangen. „Das wichtigste ist, live spielen zu können“, sagt Tavassol. An ein Comeback von Wir Sind Helden denkt er nicht: „Wir haben die Band nie aufgelöst, aber jeder verfolgt eigene Projekte.“ Erst einmal dreht sich alles um Gloria. Es gab ein paar Showcases in kleinen Clubs, im Oktober folgt die ausgedehnte Tournee, in Hamburg gastiert Gloria am 24. Oktober im Gruenspan. Beim Auftritt in der ausverkauften Prinzenbar zeigt die Band, dass sie mit nur zwei Alben zu einer der wichtigsten Popgruppen avanciert ist. Mit Songs, bei denen die Texte der Schlüssel sind.