Hamburg. Die Schauspielerin hat am Freitag in der Komödie Winterhuder Fährhaus in „Die Studentin und Monsieur Henri“ Premiere.

Ihren ersten prägnanten Dialog mit dem Hamburger Kult-Cop Dirk Matthies alias Jan Fedder in der ARD-Polizeiserie „Großstadtrevier“ liefert Wanda Perdelwitz problemlos zum Mitschreiben: „Ihr habt den Kaffee von gestern in der Mikrowelle wieder aufgebrüht?“, brüllte der. „Am besten, du kochst dir deinen Kaffee selbst, dann schmeckt er dir auch“, gab sie dem Platzhirsch im Revier ordentlich Kontra und verbal Zucker.

Als Polizistin Nina Sieveking wirkt Wanda Perdelwitz seit 2012 in dem TV-Dauerbrenner mit. Der Wortwechsel aus einer der ersten Folgen mit Fedder und ihr in Uniform bringt sie noch immer zum Lachen. Es ist eine Mischung aus verlegenem, gewinnendem und schelmischem Lachen. Und dass sie ein Jahr vor ihrem Einstieg in der Serie bereits einen Gastauftritt – als Go-go-Tänzerin – hatte, erwähnt die Schauspielerin auch. Ganz korrekt.

Bis zur Drehpause Mitte Juli hat sie bereits parallel fürs Theaterstück „Die Studentin und Monsieur Henri“ geprobt: In der deutschsprachigen Erstaufführung von Yvan Calbéracs Komödie spielt sie von Freitag an im Winterhuder Fährhaus die weibliche Titelrolle. Als 21-jährige Constance bemüht sie sich um ein Zimmer in der Wohnung des groben alten Witwers Henri (Michael Altmann), der unbedingt will, dass sie seinem Sohn den Kopf verdreht, um so die ungeliebte Schwiegertochter loszuwerden.

Eine Rolle, die wie geschaffen zu sein scheint für Perdelwitz, die mit vollständigen Vornamen übrigens Wanda-Colombina heißt. Der erste rühre nicht etwa vom Kinoerfolg „Ein Fisch namens Wanda“ aus dem Jahr 1988 her. „Der Film ist jünger als ich“, versichert die Schauspielerin beim Gespräch im Foyer der Komödie Winterhude. Und Colombina – auf Italienisch die Verkleinerung von colomba („Taube“) – sei der einzige weibliche Clown in der Commedia dell’arte gewesen, erklärt die gebürtige Berlinerin lachend die Namenswahl ihrer Eltern Heidrun Perdelwitz und Reinhard Hellmann, ein Schauspieler- und Regisseur-Paar.

Die zierliche Darstellerin, der man ihre 31 Jahre kaum glauben mag, gab ihr Kinodebüt schon zu Schulzeiten als 16-Jährige. Zwei Jahre später dann spielte sie in Jan Henrik Stahlbergs rabenschwarzer Komödie „Muxmäus­chenstill“ an der Seite des Protagonisten und Titelhelden Herrn Mux als junge Kira, genannt „Mäuschen“, und machte bundesweit auf sich aufmerksam. Der Film gewann den Max-Ophüls-Preis 2004 und lief erfolgreich bei der Berlinale. Später kamen Rollen in Spielfilmen wie „Wahrheit oder Pflicht“ oder „Lore“ hinzu. Dazu spielte sie zahlreiche Episodenrollen in Krimis wie „Tatort“, „Wolffs Revier“ oder „Polizeiruf 110“ und die Titelrolle im ZDF-Film „Harriets Traum“.

„Das mit den ersten Filmdrehs hat sich so ergeben, das war nicht geplant“, erzählt Wanda Perdelwitz. Ihre Hände gestikulieren lebhaft, ihre brauen Augen leuchten. Ihre Eltern haben ihre Karriere weder gebremst noch besonders gefördert. „Wenn ich etwas mache, dann möchte ich es von der Pike auf lernen“, sagte sie sich. Wanda absolvierte eine Ausbildung an der staatlichen Ballettschule Berlin und erhielt ihr Diplom an der Hochschule für Musik und Theater Rostock.

Anschließend zog es sie zurück in ihre Geburtsstadt, jedoch nicht allein wegen des Schauspiels: Hatte sie nicht doch etwas falsch gemacht, fragte sich Perdelwitz – und studierte zwischenzeitlich an der Freien Universität Berlin Politische Philosophie und Filmwissenschaft. „Ich musste mich letztlich für eine Sache entscheiden in Zeiten des Bachelors und bei Hausarbeiten über Descartes“, erzählt sie – mit einem diesmal entwaffnend ehrlichen Lachen. Nach vier Semestern war Schluss. Ein Festengagement 2007/08 als Ensemblemitglied des Maxim-Gorki-Theaters und die Arbeit mit so renommierten Regisseuren wie Armin Petras und Jan Bosse wogen stärker als ein möglicher schneller Bachelor-Abschluss. Fünf Jahre lang spielte sie dann auch die Rolle der Kitty – als Koproduktion mit den Ruhrfestspielen – in Bosses „Anna Karenina“-Inszenierung an der Seite von Fritzi Haberlandt und Milan Peschel.

Die beiden Schauspielkollegen sind von Hamburg und dem Thalia Theater aus längst nach Berlin übergesiedelt. Wanda Perdelwitz jedoch ist den umgekehrten Weg gegangen. Sie hat eine Wohnung in der Nähe der Schanze bezogen, seitdem sie hier regelmäßig im „Großstadtrevier“ – derzeit für die 29. Staffel – dreht. „Eine Serienrolle ist echtes Neuland für mich. Es ist spannend, eine Rolle über solch lange Zeit mitzugestalten“, sagt sie.

Der Wechsel auf die Bühne hat für sie seinen ganz eigenen Reiz. „Beim Theater entwickelst du die Figur noch mehr. Du musst szenisch denken und viel körperlicher sein“, erläutert Wanda Perdelwitz. Zudem sei die Atmosphäre bei den Proben, anfangs in der Barmbeker Burg und seit gut einer Woche im großen Saal des Winterhuder Fährhauses, mit Regisseur Jürgen Wölffer sehr angenehm. Mit dem früheren Thalia-Schauspieler Michael Altmann und dessen Figur bewege sie sich „auf ­Augenhöhe“: „Mit Michael Altmann zu spielen ist eine große Freude, ein Geschenk.“ Zudem habe das in Paris spielende Stück „viele tragikomische Elemente“.

Die Erstaufführung in Winterhude ist für sie eine doppelte Hamburger Premiere

Nur über die Unterschiede zwischen Berliner und Hamburger Theatern mitsamt dem Publikum kann Wanda Perdelwitz noch nicht so viel sagen. Die Erstaufführung im Winterhuder Fährhaus ist schließlich auch für sie eine Hamburger Premiere. „Die Berliner sind ein sehr abgebrühtes Publikum: Die sagen sich: ,Wir kennen alles!‘“, berichtet sie lachend von ihren Theatererfahrungen in der Hauptstadt. Hamburg habe aber die größere Privattheaterdichte, ergänzt sie. Kein Widerspruch – stattdessen: Treffer.

Wanda Perdelwitz, so wirkt es, ist nicht nur räumlich und drehtechnisch in Hamburg angekommen. So eine wie sie hat der Stadt womöglich gerade noch gefehlt.

„Die Studentin und Monsieur Henri“ Premiere
Fr 24.7., 19.30 Uhr (Voraufführung: Mi 22./Do 23.7.), bis 13.9., Komödie Winterhuder Fährhaus, Karten unter T. 48 06 80 80; www.komoedie-hamburg.de