Köln. Der Tukur-Tatort „Im Schmerz geboren“ hat einen Grimme-Preis erhalten. Die deutschen Privatsender gehen 2015 vollständig leer aus.
Zum ersten Mal in der Geschichte des Grimme-Preises geht die begehrte Fernseh-Auszeichnung auch an einen Hörfunkjournalisten. Jochen Rausch, Wellenchef des WDR-Jugendsenders 1LIVE, wird für die WDR/EinsFestival-Produktion „Mr. Dicks - Das erste wirklich subjektive Gesellschaftsmagazin“ geehrt, wie die Preisjury am Mittwoch in Essen mitteilte. Rausch erhalte den Preis stellvertretend für die crossmediale WDR-Innovationsredaktion, die das Format gemeinsam mit der bildundtonfabrik (btf) Köln entwickelte.
Insgesamt werden für Fernsehproduktionen des Jahres 2014 wieder zwölf Grimme-Preise vergeben. Dabei gingen die privaten Sender weitgehend leer aus. Lediglich an einer einzigen ausgezeichneten Produktion ist der britische Privatsender Channel 4 beteiligt: „Die Kinder von Aleppo“ (ZDF/Arte/Channel 4), eine Dokumentation über eine Familie im syrischen Bürgerkrieg.
Weitere Preise in der Kategorie Information und Kultur gehen an das Südsudan-Porträt „Wir waren Rebellen“ (ZDF) und an die Dokumentation „Camp 14“ (WDR/BR/Arte) über das nordkoreanische Lagersystem. Außerdem wird der Dreiteiler „Akte D“ (WDR/MDR/BR) über die Geschichte der Bahn, der Stromkonzerne sowie der Justiz im „Dritten Reich“ und in der Nachkriegszeit geehrt. Eine Auszeichnung erhält auch der Film „Nach Wriezen“ (RBB/Filmuniversität Babelsberg), der den Lebensweg von drei jungen ehemaligen Straftätern verfolgt.
Auffallend sei, dass innenpolitische Stoffe fast gänzlich fehlten, sagte die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach. So habe die Nominierungskommission kein preiswürdiges Stück über den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) gefunden. „Es ist bedauerlich, dass im deutschen Fernsehen kein herausragendes längeres Stück zu einem der wichtigsten Themen der jüngeren bundesdeutschen Geschichte zu sehen war“, kritisierte Gerlach.
In der Kategorie Fiktion gehen Grimme-Preise an die Filme „Der Fall Bruckner“ (BR), „Männertreu“ (HR) und den Hessen-Tatort „Im Schmerz geboren“ (HR). Ausgezeichnet werden auch die Mauerfall-Komödie „Bornholmer Straße“ (MDR/ARD Degeto/RBB) und die WDR/NDR-Produktion „Altersglühen - Speed Dating für Senioren“.
Neben „Mr. Dicks“ geht in der Kategorie Unterhaltung ein Preis an „Die Anstalt“ (ZDF) vom 18. November 2014. Damit würdigte die Jury Dietrich Krauß, Max Uthoff und Claus von Wagner für ihre klare Haltung zur Flüchtlingsdebatte, die einen „kalkulierten Bruch mit den Konventionen des Kabaretts“ bedeute.
Im Bereich Unterhaltung habe es im Fernsehjahr 2014 nicht nur eine „sehr gute Bandbreite“ gegeben, sondern auch die größten innovativen Leistungen, sagte Gerlach. Deshalb solle bei der geplanten Reform des Grimme-Preises die Kategorie Unterhaltung gestärkt werden. Auch über eine eigene Kategorie Filme für Kinder und Jugendliche werde nachgedacht. Die Statuten des Grimme-Preises sollen nach Gerlachs Worten bis zum Sommer in mehreren Workshops überarbeitet und möglichst schon bei der Vorauswahl für die nächste Preisverleihung umgesetzt werden.
Die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschulverbands geht in diesem Jahr an die WDR-Journalistin Ina Ruck und ZDF-Korrespondent Dietmar Ossenberg. Sie werden für ihre herausragenden Leistungen als Auslandskorrespondenten geehrt. Der 51. Grimme-Preis wird am 27. März im Theater Marl verliehen.