Hamburger Fotograf Bertram Solcher veröffentlicht zum 65. Geburtstag der legendären Leica M eine Mischung aus Liebeserklärung und Charakterstudie.

Hamburg. Die Kultmarke der deutschen Fotografie feiert gerade ihren 100. Geburtstag. Die große Ausstellung „100 Jahre Leica-Fotografie“ in den Hamburger Deichtorhallen zieht gerade Tausende Besucher an. Und nun ist auch noch ein ganz besonderes Buch zum Thema erschienen: „Der Leica M Photograph“. Der ehemalige Abendblatt-Fotograf Bertram Solcher sammelt seit mehr als 30 Jahren Erfahrungen mit den unterschiedlichen analogen und digitalen Leica-M-Modellen. Die Leica M feierte 2014 ebenfalls Geburtstag: Seit 65 Jahren wird die Kamera mit dem klassischen Leuchtrahmensucher produziert. Sie ist der Klassiker der Reportagefotografen und viele der Bilder in der Ausstellung der Deichtorhallen wurden mit ihr geschossen.

Das Prinzip der Kamera: Der Fotograf blickt durch einen Sucher, der nicht wie bei Spiegelreflexkameras den Blick durch das Objektiv bietet, sondern einen Sucher, der mehr Blickfeld bietet als die spätere Aufnahme. Die Kamera ist alles andere als modern: Sie ist schwer und bietet wenig Technik für vergleichsweise viel Geld.

Aber sie lenkt den Blick auf das Motiv, auf bewusst gemachte Bilder. Entsprechend ist Solchers Buch kein Bildband und keine erweiterte Bedienungsanleitung, sondern eher ein – natürlich mit etlichen guten Bildern angereicherter – Einblick in die Philosophie der Menschen, die diese Kultkamera nutzen. Wie plant man als M-Fotograf? Wie bewegt man sich als unsichtbarer Fotograf? Wie schießt man gute Bilder auf der Straße? Und: Wie man tolle Bilder machen kann, obwohl man gegen alle Regeln der Lehrbücher verstößt. Kuriosestes Beispiel: Beim Polo in Klein Flottbek etwa belichtete Solcher die an einem sonnigen Tag entstandenen Bilder bewusst stark unter – und benutzte gleichzeitig einen Blitz. Das Ergebnis sind Bilder, die den Betrachter irritieren: Ist das nun Tag, oder ist es Nacht?

Von den Harley Days bis zur Erotik-Messe

Überhaupt setzen die Foto-Beispiele Hamburg in Szene – ganz gleich ob bei der Fotoreportage von den Landungsbrücken, bei Straßenfotografie während der Harley Days oder dem Besuch einer Erotik-Messe in Schnelsen. Den Foto-Serien liegen jeweils besondere Ideen zugrunde. Im Buch wird vor allem beschrieben, wie die Ideen entstehen – weniger, die technischen Details mit denen diese umgesetzt werden.

Solcher erklärt. wie man mit den Fallstricken der klassischen Technik und ihren Limitierungen umgeht. Denn gerade der sogenannte Messsucher der Kamera polarisiert: Während die einen ihn als untauglichen Anachronismus bezeichnen, schwören eingefleischte Fans auf den Sucher, der stets mehr zeigt, als das spätere Foto abbilden wird.

Internationale Meisterfotografen wie etwa Henri Cartier-Bresson schwören vor allem aber auch aus zwei anderen Gründen auf den Sucher – er macht die „M“ deutlich kleiner und leiser als klassische Spiegelreflexkameras.

Bertram Solcher – heute vor allem als Medizin- und Wissenschaftsfotograf unterwegs – fragte schon als Polizeifotograf beim Hamburger Abendblatt stets: „Wo ist da das Foto?“ In diesem sehr persönlich geschriebenen Buch gibt er viele Antworten auf die Frage. Vor allem darauf, wo das Geheimnis der guten Fotos zu finden ist ...

Bertram Solcher: „Der Leica M Photograph“

180 Seiten, 49,90 Euro, dpunkt Verlag