Noch am 29. November gab Udo Jürgens ein umjubeltes Konzert in Hamburg. Abendblatt-Autor Tino Lange war dabei. Auszüge aus seiner Kritik
„Udo Jürgens kommt unter dem tosenden Applaus von 10.000 Fans auf die Bühne. ,Alles aus Liebe‘, ,Was ich gern wär für dich‘ und ,Das Leben bist du‘ eröffnen romantisch den Abend. Das Publikum im bestuhlten Saal blickt gebannt auf die riesige HD-Leinwand und sucht eine Falte im Gesicht des gereiften Entertainers oder tuschelt über die Echos, die der vom Orchester Pepe Lienhard ausgerollte Klangteppich verursacht. Geduld ist gefragt, bis der Mischer das später nachregelt. Aber Geduld bringen die Fans, die wieder aus allen Altersschichten zwischen sechs und 86 Jahren kommen, seit jeher mit zu den Konzerten von Udo Jürgens.“
„Im Februar erschien sein 42. Studioalbum ,Mitten im Leben‘, das auch kritische Töne auf der Klaviatur des Lebens spielt. ,Der Mann ist das Problem‘ wildert textlich in Grönemeyers ,Männer‘-Revier, und ,Der gläserne Mensch‘ warnt vor den Gefahren einer gegenüber ,BND-NSA‘ zu naiven Öffentlichkeit.“
„,Ich hab bewusst so manche Illusion zerstört, und manchen Rat, der gut gemeint war, überhört. Doch ich hab nie den Mantel nach dem Wind gehängt. Ich hab geliebt und mich doch niemals aufgedrängt. Was auch geschah, und ging es mir auch noch so nah: Ich würd es wieder und immer wieder tun, schwört Jürgens dazu. Seine Antwort auf ,My Way‘.“
„Es gibt nichts, was er nicht schon erlebt hat. Öffentliche Erfolge und private Krisen, harsche Kritik und überzogener Jubel. Na und? ,Immer wieder geht die Sonne auf‘, mit dieser Gewissheit hat sich Udo Jürgens durch das Leben geliebt, gelitten und gespielt. Er hat weder den Mantel nach dem Wind noch den Bademantel an den Nagel gehängt.“
„So funktioniert es eben auch beim 151. oder 183. Konzert in Hamburg: ,Griechischer Wein‘, ,Ich war noch niemals in New York‘, ,Ein ehrenwertes Haus‘, ,Aber bitte mit Sahne‘ und ,Mit 66 Jahren‘ hebeln die Fans in schneller Folge aus den Sitzen, alles steht, das Orchester fetzt auf vollen Touren. ,Als wenn man einen Schalter umgelegt hat‘, staunt die Sitznachbarin. Ja, der Energieschub, der bei den Hits durch die Stuhlreihen fährt, ist immer wieder die vorher aufzubringende Geduld wert.“
„Und so steht Udo Jürgens auch auf seiner 25. Tournee bei ,Cottonfields‘ im Bademantel auf der Bühne und verlässt sie in Jeans und Hemd nach 130Minuten Spielzeit um zehn vor elf – zeitlich nicht ganz exakt passend – mit ,Zehn nach elf‘. Eigentlich ist es wie immer: beste Unterhaltung, kritische Untertöne, berührende Lieder und irgendwann der Druck auf die Partytaste. Und doch bleibt der Eindruck eines einmaligen Abends.“