Von Renoir bis Nolde: Wegen des Umbaus hat die Hamburger Kunsthalle zwar weniger Platz, zeigt 2015 aber trotzdem große Ausstellungen. Warum Hamburg für Emil Nolde eine ganz besondere Rolle spielte.

Hamburg. Nichts hält länger als ein Provisorium, heißt ein französisches Sprichwort, dem Kunsthallen-Geschäftsführer Stefan Brand jedoch kaum zustimmen wird. Denn für ihn steht fest, dass das Provisorium, in dem sich Hamburgs größtes Kunstmuseum seit dem vergangenen Sommer zwangsläufig einrichten musste, im Frühjahr 2016 mit der Wiedereröffnung des historischen Gründungsbaus und des sich Richtung Hauptbahnhof anschließenden Muschelkalkbaus pünktlich beendet sein wird.

Nach den umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen, die durch eine Spende der Dorit & Alexander Otto-Stiftung ermöglicht wird, soll die Kunsthalle dann mit dem revitalisierten alten Haupteingang nicht nur ein prächtiges Entree erhalten, sondern sich überhaupt in völlig neuem Glanz präsentieren. „Wir liegen voll im Kosten- und Zeitplan“, verkündete Brandt auf der Jahrespressekonferenz am Donnerstag, auf der die Kunsthalle Bilanz zog und zugleich über die Pläne für das kommende Jahr informierte. Die Zeiten, in denen frühere Geschäftsführer mit gequälter Miene auf die Unterfinanzierung ihres Hauses verwiesen, sind offenbar vorbei, denn Stefan Brandt erklärte guten Mutes, dass man erneute eine „schwarze Null“ schreiben und sogar eine Rücklage bilden könne, die freilich für die umbaubedingten Zusatzkosten auch dringend gebraucht würde.

300.000 Besucher in diesem Jahr

Die Kampagne „weiter offen“, die vom Deutschen Designerclub im Rahmen des Wettbewerbs „Gute Gestaltung“ jüngst mit Silber ausgezeichnet wurde, hat offenbar funktioniert: Obwohl mit der Galerie der Gegenwart seit Jahresmitte nur noch eines der drei Gebäude bespielt werden kann, ist es zu keinem Besuchereinbruch gekommen. Auch mit drastisch reduzierter Fläche wird es die Kunsthalle 2014 auf etwa 300.000 Besucher bringen (2013: 382.000), womit sie noch immer zu den Top Ten der am besten besuchten deutschen Kunstmuseen zählt.

Das ist einerseits der gut laufenden Max-Beckmann-Ausstellung zu danken, andererseits aber auch der Sammlungspräsentation, in der die Kunsthalle unter dem Titel „SPOT ON“ Spitzenwerke wie in einer Sonderausstellung präsentiert, was beim Publikum bestens ankommt. Überwiegend publikumsnah ist auch das Programm, das sich das Museum fürs kommende Jahr vorgenommen hat. So gibt es zwar mit der „Feministischen Avantgarde aus den 1970er-Jahren“ (13.3.–31.5.) eine Schau, in der spannende, teils auch verstörende Positionen von Künstlerinnen wie Cindy Sherman, Ana Mendieta und Lynn Hershman-Leeson zu sehen sind. Und das im Rahmen der Photo-Triennale stattfindenden Projekt „When there is hope“ (20.6.–13.9.) zeigt zeitgenössische Fotografie zu weltweiten sozialen und politischen Umbrüchen, doch der Schwerpunkt liegt auf der Kunst des frühen 20. und 19. Jahrhunderts.

„Verzauberte Zeit“ (20.2.–16.8.) heißt der Titel einer Ausstellung mit Meisterwerken aus der berühmten und in Deutschland bisher noch nie gezeigten Sammlung Arthur und Hedy Hahnloser-Bühler. Von 1906 bis 1936 hatte das wohlhabende Schweizer Ehepaar Spitzenwerke von Malern des Postimpressionismus und von deren künstlerischen Vorbildern gesammelt und sich damit in seiner „Villa Flora“ in Winterthur umgeben. In der Ausstellung, die nach der Hamburger Premiere auch in Paris, Halle (Saale) und Stuttgart gezeigt wird, sind etwa 200 Werke zu sehen, darunter Gemälde von Félix Vallatton, Henri Manguin und Pierre Bonnard, aber auch von Auguste Renoir, Vincent van Gogh und Éduard Manet. Mit Vallatton, Manguin, Bonnard und Matisse war das Sammlerehepaar persönlich befreundet, wovon auch mehrere in der Ausstellung gezeigte Porträts zeugen.

Obwohl Emil Nolde nie in Hamburg gelebt hat, spielte die Hansestadt für ihn eine besondere Rolle, da es hier Sammler gab, die ihn förderten und seine künstlerische Bedeutung früh erkannten. Dazu zählten sowohl der Jurist und Kunstkenner Gustav Schiefler als auch Kunsthallen-Gründungsdirektor Alfred Lichtwark.

Die Schiffe auf der Elbe und die Betriebsamkeit am Hafen haben Nolde stark zu Bildern inspiriert, berühmt sind seine Ölgemälde, in denen Wellen und Himmel als regelrechtes „Farbenmeer“ erscheinen. Vor allem während eines längeren Aufenthalts im Jahr 1910, als Nolde das heute nicht mehr existierende Hotel „Unter den Vorsetzen“ auf St. Pauli bewohnte, entstanden auch weniger bekannte Tuschzeichnungen mit Schiffsmotiven, die geradezu seriell anmuten. „Nolde in Hamburg“ (11.9.2015 – 17.1.2016) heißt die Schau, in der die Kunsthalle in Kooperation mit der Nolde Stiftung Seebüll etwa 150 Werke zeigt. Um die Beziehung zwischen dem Maler und der Stadt geht es auch im umfangreichen Begleitprogramm, das neben Vorträgen und Gesprächen auch Stadtrundgänge zu den Arbeits- und Lebensstätten des Malers in Hamburg umfasst.

Zum Jahresende vollendet die Kunsthalle mit „Franz Ludwig Catel. Italienbilder der Romantik“ (16.10. 2015–31.1.2016) seine Trilogie zur Landschaftsmalerei vom Spätbarock bis zur Romantik, in der zuvor bereits Jakob Philipp Hackert (2009) und Johann Christian Reinhardt (2013) zu sehen war: Im dunklen Hamburger Spätherbst dürften italienische Landschaften unter mediterranen Licht zur Augenweide werden.

Weitere Infos unter www-hamburger-kunsthalle.de