Der bei “Wetten, dass...“ gescheiterte ZDF-Mann legte eine furiose Sendung hin. Von Mario Götze bis Boris Becker kitzelte Markus Lanz viel aus seinen Gästen heraus. Ein großes Thema: der Tod.

Hamburg. Respekt, Markus Lanz! Das war eine atemberaubende Sendung Menschen 2014. Natürlich sind diese Jahresrückblicke immer toll, weil man in Erinnerungen, Glück und Trauer schwelgen kann. Doch durch diesen kleinen Trick des ZDF, in diesem Jahr die Ersten zu sein, die ein verrücktes 2014 mit den noch lebenden Beteiligten zu bilanzieren, haben die Mainzer alles richtig gemacht.

Auch wenn am kommenden Wochenende "Wetten, dass..." zum letzten Mal ertragen werden muss, hat sich der quasi gescheiterte Lanz noch einmal als wackerer Moderator präsentiert. Das Format spielte dem vermeintlichen Weichspül-Moderator in die Hände, sicher. Aber Lanz hat das auch gut gemacht. Er war in den Themen sattelfest und wirkte in seiner Begeisterung wie bei den deutschen Fußball-Weltmeistern und in seiner Trauer um Tote wie Blacky Fuchsberger und andere betroffen. Diese Empathie war echt, nicht geheuchelt.

So befragte er Mario Götze über die letzten Worte von Joachim Löw, bevor der Bundestrainer ihn im WM-Finale für Miroslav Klose einwechselte. Löw, sagte Götze, habe gesagt: "Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi." Auftrag erfüllt.

Auch der Besuch von Thomas Hitzlsperger war bemerkenswert, der sein Coming-out als Schwuler hatte. Natürlich durfte auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach noch einmal sagen, wie sehr der Verband ihn unterstützt. Aber die üblichen Peinlichkeiten bei dem nach wie vor heiklen Thema wurden ausgelassen wie Fettnäpfchen, in die man allzu leicht hüpft.

Cool war Giulia Enders, die noch einmal sagen konnte, warum der Darm als Organ völlig unterschätzt wird. Deutschlands berühmteste Medizinstudentin plauderte darüber, wie sie ihrem Mitbewohner erklären sollte, was beim "Kacken" passiert und wie sie darüber ein Buch schrieb, das zum Bestseller wurde. "Darm mit Charme" adelte die Autorin. Und ihre Schwester, die so toll zeichnen kann, hätte man gerne näher kennengelernt...

Dann kamen die Toten des Jahres. Man muss schlucken, wenn man die Videogalerie anschaut mit Joachim Fuchsberger, Peter Scholl-Latour, Philip Seymour Hoffmann, Robin Williams, Siegfried Lenz, aber eben auch Schauspielern aus der zweiten Reihe wie dem grandiosen Gottfried John.

Ja, und Lanz setzte sich auch selbst in Szene. Er begleitete am Klavier die Nonne, die Voice of Italy gewonnen hatte, bei einer Version von Madonnas Like A Virgin.

Überraschend gut kam ein Ex-Liebling der Deutschen rüber: Boris Becker. Der ehemalige Tennisheld und jetzige Trainer plauderte über Privates aus der sportlichen Partnerschaft mit Novak Djokovic aus, wie er mitgeht, wie er leidet. Boris Becker sah schlecht aus, wirkte aber absolut geistig präsent. Er trug seine Augenringe wie Trophäen aus vergangenen Schlachten, konnte sich abee natürlich nicht mehr so grazil wie früher bewegen. Die Hüfte schmerzt, die Schulter tut weh. Aber seine sportliche Einschätzung kommt immer auf den Punkt.

Und er ist charmant, gut gelaunt, gesprächswillig. "Gib mir mal nen Ball", sagt er zu Lanz und demonstriert, wie ein Champion aufschlägt. Becker besiegt die Kritiker mit einem Ass: "Wenn man eines nicht hinterfragen sollte, ist das, ob ich mich im Tennissport auskenne." Der Erfolg mit Djokovic gibt ihm recht.

Die Untoten machten bei Lanz' Menschen 2014 überhaupt die beste Figur. Der krebskranke Regisseur Helmut Dietl war auch so einer. Er erzählte neben seiner Gattin Tamara, die sich offenbar toll um seine körperlichen Herausforderungen kümmert, wie er mal fast den Oscar gewann. Fast. Was soll's. Dietl, der filmische Ikonen und absolute Reißer wie "Schtonk!" schuf, sagte: "Ich bin nicht der Typ, um auf irgendwas zu warten, und schon gar nicht auf den Tod."