Wie sieht die Seele einer Stadt aus? Lässt sie sich im Bild festhalten? Daniel Nide und Nino Vela unternehmen diesen Versuch tagtäglich mit ihren Kameras. Spannende Straßenfotografie zwischen Elbe und Alster.

Hamburg. Daniel Nide und Nino Vela sind ständig in Hamburg mit ihren Kameras unterwegs. Straßenfotografie heißt ihre Passion, mit der sie große poetische Momente und kleine absurde Situationen zwischen Elbe und Alster im digitalen Rechteck bannen. Ohne Studio und doppelten Boden. Als Künstlerduo nennen sich diese beiden jungen Typen Soul Of Hamburg. Und tatsächlich transportieren ihre Aufnahmen viel Herz. Und die Energie des Spontanen.

Da fliegen einer frisch vermählten Braut in der HafenCity vom Wind fast Schleier sowie ein Bündel knallroter Luftballons fort, während zwei BMX-Fahrer die Szenerie beobachten. Schwarz-weiße Studien wiederum dokumentieren die Apathie von Pendlern in der S-Bahn. Und immer wieder richten Nide und Vela ihre Blicke auch auf die weniger beachteten Ecken der Stadt. Wo etwa ein Gestrandeter auf dem Bürgersteig im Schlafsack unter einer Urlaubswerbung kauert. Mit ihrer modernen Straßenfotografie präsentieren sie die urbane Kultur, wie sie in keinem Museum zu finden ist. Graffiti vor hohen Häusern. Einer, der sich die Silhouette Hamburgs auf den Unterarm tätowieren ließ. Und ein Punk auf dem Kiez, der direkt in die Kamera pöbelt.

Diese Werkschau zeigt eine Stadt, die glitzert, aber auch schön schmutzig ist

„Innerhalb der Community der Straßenfotografen gibt es (...) die gesetzestreuen Langweiler, die sich einschränken lassen und (...) die obercoolen Revoluzzer, die in den Knast gehen würden, um ihre Kunst frei ausüben zu können“, konstatieren Nide und Vela. Es gehe aber um mehr als diese Extreme: „Wir müssen Unterscheidungen zwischen unnötigem Voyeurismus und wichtiger künstlerischer Dokumentation des heutigen Lebens treffen.“

Was sie in Hamburg erleben und schnell genug fotografieren können, veröffentlichen Daniel Nide und Nino Vela regelmäßig auf ihrer Webseite. Nun bringen die beiden mehr als 280 Aufnahmen unter dem Titel „Soul Of Hamburg“ als Buch heraus.

„Moderne Straßenfotografie provoziert, weil sie den nicht geschönten Zustand der Gesellschaft zeigt“, heißt es in dem Nachwort des Bandes. Sie sei „das pure Leben“, dürfe niemals gestellt sein.

Wer diese Werkschau durchblättert, der entdeckt eine Stadt, die glitzert, aber auch schön schmutzig ist. In der die Gleichzeitigkeit unterschiedlichster Eindrücke ganz eigene Geschichten erzählt. In der die Menschen warten oder protestieren, in der sie sich streiten und lieben. Vor allem aber wird mehr als deutlich sichtbar, wie kunterbunt, multi-ethnisch, arm und reich, also wie facettenreich die Stadt ist, in der wir leben.

Soul Of Hamburg Verlag Gudberg Nerger, 160 S., 29,90 (Hardcover); www.soulofhamburg.com