Das 29 Jahre alte Schauspielhaus-Ensemblemitglied Bastian Reiber ist an diesem Sonnabend in der Uraufführung des Familienstücks „König Artus“ in der Regie von Markus Bothe zu sehen.

Hamburg. In der Schauspielhaus-Kantine würde man Bastian Reiber in seinem schlichten grauen Shirt mit der Arbeitermütze vielleicht für einen Techniker halten. Auf der Bühne ist ihm die Aufmerksamkeit aber sicher. Die Hamburger lernten ihn bereits als geckenhaften Nebenbuhler Horace in Herbert Fritschs Molière-Inszenierung „Die Schule der Frauen“ kennen. Und konnten ihn in Katie Mitchells Martin-Crimp-Inszenierung „Alles Weitere kennen Sie aus dem Kino“ als Polyneikes im Bruderkampf beobachten.

Reiber hatte das Glück, in zwei der bislang gelungensten Arbeiten der Ära Karin Beier mitzuwirken. Jetzt kommt womöglich eine weitere hinzu. An diesem Sonnabend steht der 29-Jährige im diesjährigen Familienstück „König Artus“ in der Regie von Markus Bothe auf der Bühne.

Nun gelten Kinder als unbestechlichste aller Kritiker. Deshalb hat Bastian Reiber auch besonders viel Respekt vor der Premiere. „Viele der Kinder besuchen zum ersten Mal ein Theater, und man möchte, dass sie es lieben“, sagt er und lacht aus einem runden Gesicht.

Die Ritter der Tafelrunde wurde gegründet

Erwartet werden darf ein großes Ritterspektakel. Mit prachtvollen Ritter- und Tierkostümen, Fechtszenen und viel Musik. In mehreren literarischen Werken des Mittelalters taucht die Sagengestalt des Artus in unterschiedlicher Funktion auf. Dabei ist unklar, ob sie auf historischen Tatsachen aus dem 5. oder 6. Jahrhundert basiert.

In Markus Bothes und Nora Khuons Fassung des Stücks ist Artus ein Findelkind, das dem Stiefvater Sir Hector davonläuft und Ritter werden will. Es erlebt zahlreiche Abenteuer und begegnet dem Zauberer Merlin, der ein Schwert in einem gewaltigen Stein festgesetzt hat, das nur der rechtmäßige neue König des derzeit herrscherlosen Britannien herausziehen kann. In der Sagenwelt beginnen dann blutigste Machtkämpfe, bevor König Artus schließlich das Reich befriedet und die „Ritter der Tafelrunde“ begründet.

Dieses Familienstück endet jedoch lange vorher. Reiber gefällt, dass es kein verklärender Märchenstoff ist, sondern der Auftakt zu einer Tragödie. „Artus kämpft für die Gerechtigkeit und das Gute und glaubt an die guten Ritter, aber er begegnet nur Vollidioten“, sagt er. Dabei steht Artus das Mädchen Guinevere bei, das auch kein Elternhaus mehr hat. Beide tun sich zusammen, ohne genau zu wissen, wohin die Reise gehen soll. „Sie wissen nur, so, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben, und wollen irgendwie los. Wie in einem Roadmovie.“

Artus ist eher ein Grübler als ein Held. „Seine Stärke, viel über die Dinge nachzudenken und erst mal nicht zu handeln, ist zugleich seine Schwäche“, erklärt Reiber. „Er kämpft wenig. Aber ihm wird klar, dass es, um König zu sein, andere Eigenschaften braucht.“ Artus will das Rittertum, bei dem es vielfach nur um Kampftechniken und Äußerlichkeiten geht, mit Inhalt füllen; er will sich für die Schwächeren einsetzen. Und verkennt lange, dass es darum nicht gehen kann, solange er noch kein König ist.

Wie will König Artus das Böse bekämpfen

Später, als König, muss Artus sich überlegen, wie er das Böse bekämpfen will. Die Erkenntnis: Töten ist keine Lösung. Reiber findet das sehr aktuell. Die Frage ist, was geschieht bei einem Machtvakuum? Hilft es, Menschen zu beseitigen, die Unrecht tun – oder braucht es nicht vielmehr einen Dialog? „Das Schöne an Kinderstücken ist ja die klare Trennung von Gut und Böse. Man muss aufpassen, dass es nicht zu didaktisch wird. Es geht darum, das charmant zu machen, nicht zu eindeutig.“

Eines ist sicher, Reiber wird König Artus nicht im landläufigen Sinne auf der Bühne repräsentieren. „Es gibt viele Dinge in diesem Beruf, die ich nicht kann, die mir sehr fern liegen, die ich auch nicht verstehe“, so Reiber. „Ich verwandle mich nicht, wenn ich auf die Bühne gehe. Ich bin immer noch ich.“ Eine Figur nicht zu verraten, aber selbst als Person noch erkennbar sein, das hat ihn der Regisseur Herbert Fritsch gelehrt.

Durch die Molière-Zusammenarbeit bekam Reiber das Gefühl in Hamburg angekommen zu sein, denn er hatte einen schwierigen Start. Im ersten Jahr brach er sich den Oberarm bei einer Probe und lernte erst mal nur Ärzte und Physiotherapeuten kennen.

Die erste Begegnung mit Fritsch liegt schon Jahre zurück. Damals war Reiber nach der Schauspielschule in Leipzig zum Hauptstudium am Neuen Theater Halle engagiert, und Fritsch holte ihn an die Volksbühne Berlin. Reiber brachte die Zusammenarbeit 2012 die Auszeichnung „Bester Nachwuchs-Schauspieler“ in der Kritikerumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ ein. Heute verstehen sich die beiden auf Proben ohne viele Worte.

Spielen wollte Bastian Reiber zwar schon immer. Aber er durchlebte auch Phasen des Zweifelns. „Herbert Fritsch hat mich die Spielfreude gelehrt und damit befreit“, sagt Reiber.

Ein Glück für alle großen und kleinen Zuschauer.

„König Artus“ Uraufführung 8.11., 18.00 Uhr, Schauspielhaus, Kirchenallee 39, Karten T. 24 87 13